In Hütten und Palästen

Erstellt am 20.9.19. Kategorie: Buchrezensionen
„In Hütten und Palästen“
von Rolf Seelmann-Eggebert
Bewertung
★★★★★
Verlag Kösel-Verlag
Buchform gebunden, eBook
Erschienen Juni 2019
Seiten 208 Seiten
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Hand aufs Herz: Wer guckt nicht gerne zu, wenn in den europäischen Königshäusern mal wieder eine Hochzeit stattfindet oder ein „Royal Baby“ getauft wird? Einer, der uns deutschen TV-Zuschauern in diesem Zusammenhang bestens vertraut ist, ist der Journalist Rolf Seelmann-Eggebert, Adelsexperte oder, wie er sich selbst bezeichnet, „Königsfritze.“

Aber angefangen hat er ganz anders und davon erzählt er selbst in dieser Biografie: Geboren 1937, erlebte er als Kleinkind den Zweiten Weltkrieg, was ihn unweigerlich geprägt hat – insbesondere deshalb, weil sein ältester Bruder erst nach zehn Jahren in russischer Kriegsgefangenschaft nach Hasue zurückkehren konnte. Das Radiogerät war bis dahin das wichtigste Medium im Hause Seelmann-Eggebert, denn dort wurden allabendlich die Namen der Spätheimkehrer verlesen, zehn Jahre lang hat die Familie vor dem Gerät gesessen, gebangt und gehofft.

Beim nordwestdeutschen Rundfunk begann noch während seiner Schulzeit die journalistische Karriere von Rolf Seelmann-Eggebert, beim NDR arbeitete er sich beharrlich nach oben, lernte neben dem Rundfunk aber auch die Printmedien und später natürlich auch die Fernsehlandschaft kennen. Ab 1968 war er Auslandskorrespondent für die ARD an der Elfenbeinküste, 1972 wechselte er nach Kenia, stets begleitet von seiner Frau Barbara und den drei Kindern. 1977 kehrte die Familie nach Hamburg zurück, doch schon ein Jahr später wurde der Journalist nach London beordert, womit sich für ihn ein Traum erfüllte, denn seit einem Studienaufenthalt in Bristol hatte er ein besonderes Faible für Großbritannien und die Briten.

Auf spannende, aber dabei sehr bescheidene Art und Weise erzählt Rolf Seelmann-Eggebert von seinem Werdegang, von den beruflichen, aber auch familiären Herausforderungen. Denn für seine Frau und die Kinder waren die häufigen Ortswechsel nicht immer leicht. Außerdem hatte die Familie einen schweren Schicksalsschlag zu verkraften, als der jüngste Sohn bei einem Badeunfall eine Querschnittslähmung erlitt.

In seinem Berufsleben hat Rolf Seelmann-Eggebert die ganz Großen der Politik erlebt, viele Staatspräsidenten, Kanzler und gekrönte Häupter. Dabei war es wohl seine stets respektvolle Art, mit der er sich deren Vertrauen erwarb, auch wenn es natürlich immer wieder einmal Pannen gab: Amüsant schildert er zum Beispiel, wie beim ersten Interview mit der englischen Prinzessin Anne die Glasscheibe einer Vitrine zu Bruch ging. Und in seine Amtszeit als Programmdirektor des NDR fiel auch der Faux-pas mit der veralteten Neujahrsansprache des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl: Eine Mitarbeiterin hatte unwissentlich die Videobänder vertauscht.

In seinen Berufsjahren hat sich der Journalist ein breites Wissen über Politik im allgemeinen und die Beziehungen zu Afrika im Besonderen erarbeitet. Es ist spannend und lehrreich, seine Einschätzungen zur Situation auf dem afrikanischen Kontinent zu lesen. Über seine vielen Auszeichnungen verliert er keine Worte, die sind lediglich im Anhang aufgelistet, darunter das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, Commander of the British Empire, der Deutsche Journalistenpreis, die Goldene Kamera und viele andere mehr. Auch sein ehrenamtliches Engagement betreibt er eher leise, aber nichtsdestoweniger mit spürbarer Leidenschaft.

Für mich war es vor allem spannend, über seine Anfänge im Journalismus zu lesen, in einer Zeit, als es noch kein Internet und keine Smartphones gab, als Nachrichten noch mehrere Tage unterwegs waren, bis sie gesendet oder gedruckt werden konnten. Vor allem als Auslandskorrespondent erlebte er da so manches Abenteuer.

Fazit: Eine sehr spannende, kurzweilige Lektüre, nicht nur für Fans der Royals.