Ein Tag im Dezember

Erstellt am 30.11.19. Kategorie: Buchrezensionen
„Ein Tag im Dezember“
von Josie Silver
Bewertung
★★★★★
Verlag Heyne
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen Oktober 2018
Seiten 477
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Seit ich vor einem Jahr eine Leseprobe zu diesem Roman gelesen habe, stand dieses Buch auf meiner Wunschliste. Nun war es bei der Onleihe verfügbar und ich habe es in nur zwei Tagen regelrecht verschlungen. Trotz des Wortes „Dezember“ im Titel ist dies kein typisches Weihnachtsbuch, denn die Geschichte wird über den Zeitraum von neun Jahren und somit quer durch alle Jahreszeiten erzählt.

Es ist jedoch tatsächlich ein Tag im Dezember, der Lauries Leben komplett auf den Kopf stellt. Genauer gesagt sind es eigentlich nur wenige Sekunden jenes trüben Dezembertages, als sie völlig übermüdet im Bus auf dem Heimweg von der Arbeit sitzt. Wir befinden uns in London, sie sitzt auf dem Oberdeck eines typischen Londoner Doppeldeckerbusses und hat von dort aus eine gute Übersicht, als der Bus an der Camden High Street hält. Dort fällt ihr ein junger Typ auf, der an der Haltestelle sitzt und liest. In diesem Moment hebt der Typ den Blick und schaut direkt in Lauries Augen – und die Zeit steht still. Es passiert etwas Magisches: „Und da ist es. Nennt es von mir aus Wunschdenken, aber ich bin mir sicher, dass ihn der gleiche Blitz trifft wie mich. Als würde uns plötzlich etwas Unsichtbares verbinden. Ich sehe es in seinen Augen“ (Zitat). Der Typ steht auf, will in den Bus steigen, in dem Laurie sitzt, doch zu spät: Der Bus schließt die Türen, fährt an und zurück bleiben zwei Menschen, die sich durch die Fensterscheibe nicht aus den Augen lassen, so lange es geht.

Das ganze folgende Jahr verbringt Laurie damit, nach dem Typen zu suchen, den sie einfach nicht vergessen kann. Doch wie findet man in einer Millionenstadt wie London einen Typen, von dem man nichts weiß, außer dass er wunderschöne grün-blaue Augen hat? Und dann steht er plötzlich vor ihr und Lauries Welt bricht zusammen. Denn er ist ausgerechnet der neue Freund von Lauries allerallerbester Freundin Sarah. Und die beiden sind offensichtlich sehr verliebt. Obwohl Laurie sich zunächst zurückzieht, bleibt es auf Dauer nicht aus, dass sie und Jack sich nun immer wieder begegnen. So entsteht eine platonische Freundschaft, die für beide immer mehr an Bedeutung gewinnt. Doch beide lieben Sarah über alles, für Laurie ist sie viel mehr als eine Freundin, sie ist eine Schwester, eine Seelenverwandte. Niemals würde sie sich in deren Beziehung drängen. Dennoch: Die Freundschaft zwischen Laurie und Jack gibt beiden Halt, wenn rundherum alles zusammenbricht.

Sie halten Kontakt über viele Jahre, auch noch, als Laurie sich in Oscar verliebt, als Jack einen schweren Unfall hat und den Boden unter den Füßen verliert, als er und Sarah sich schließlich trennen, als Laurie und Oscar heiraten. Längst sind aus den unbeschwerten Studenten Laurie, Sarah und Jack Erwachsene geworden, die beruflich Karriere machen, sich um ihre älter werdenen Eltern kümmern müssen, vielleicht sogar selbst eine Familie gründen wollen. Ihr Weg führt sie immer wieder auseinander – die Geschichte spielt nicht nur in London, sondern auch in den Midlands, in Thailand, Australien und Edinburgh – und manchmal sieht es so aus, als verlören sie sich für immer. Kann aus Laurie und Jack jemals noch ein Paar werden?

Wie gesagt, ich habe diesen Roman förmlich verschlungen. Er ist so viel mehr als eine kitschige Geschichte rund um Liebe auf den ersten Blick. Vielmehr geht es um Freundschaft, um Familie, ums Erwachsen werden, um alle Höhen und Tiefen, die man im Laufe seines Lebens eben so erlebt. Ein grandioses, sehr bewegendes Buch!