Die ganze Welt ist eine große Geschichte und wir spielen darin mit

Erstellt am 30.12.19. Kategorie: Buchrezensionen
„Die ganze Welt ist eine große Geschichte und wir spielen darin mit“
von Charlotte Roth
Bewertung
★★★☆☆
Verlag Eisele Verlag
Buchform gebunden, eBook
Erschienen Oktober 2019
Seiten 432
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Am 12. November 2019 wäre der Schriftsteller Michael Ende 90 Jahre alt geworden. Natürlich kenne ich einige seiner Werke, allen voran „Die unendliche Geschichte“, „Momo“ und „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, aber über den Autor selbst wusste ich leider so gut wie gar nichts. Deshalb war meine Neugier gleich geweckt, als ich von dieser Romanbiografie erfuhr, noch dazu, weil ich sowohl von deren Autorin Charlotte Roth (alias Charly Lyne, Carmen Lobato, Lydia Conradi…) als auch aus dem Eisele Verlag schon lange einmal etwas lesen wollte.

Gleich zu Beginn des Buches betont die Autorin, dass es sich bei dem Werk um einen Roman handelt, also nicht unbedingt alle Fakten aus dem Leben von Michael Ende chronologisch korrekt dargestellt sind und zudem mit fiktiven Erzählsträngen verwoben wurden. Dabei hat Roth eng mit Roman Hocke zusammengearbeitet, der Michael Ende über viele Jahre persönlich kannte und 17 Jahre lang nicht nur sein Lektor, sondern auch ein enger Freund war. Hocke selbst betont im Nachwort, dass es ihm und Roth vor allem darauf ankam, neben den Fakten auch die Innensicht von Michael Ende, seine Gefühlswelt und seine Gedanken überzeugend darzustellen.

Der Roman beginnt mit dem Kennenlernen von Michael Endes Eltern, dem Maler Edgar Ende und Luise Bartholomä. Er erzählt von den Anfängen ihrer Beziehung, der Geburt Michaels und dem Leben in ärmlichen Verhältnissen in Garmisch und München. Trotz aller Widrigkeiten war die kleine Familie in den Anfangsjahren eine Einheit, ein Kokon, der Michael Halt und Sicherheit gab. Dieses Gefühl der Geborgenheit wurde durch die Kriegsjahre nachhaltig gestört, später zerbrach die Familie.

Michael versuchte sich zunächst als Schauspieler, bevor er begann, Stücke für das Theater und das politische Kabarett zu schreiben. Ende der 1950er Jahre begann er mit der Arbeit an „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“, doch anfangs litt er darunter, von der Kritik nicht ernst genommen und als Kinderbuchautor abgetan zu werden, zumal ihm vorgeworfen wurde, dass seine Geschichten keinen pädagogischen, erzieherischen Wert hätten. Der große Erfolg stellte sich erst später ein.

Ganz ehrlich: Mit diesem Buch habe ich regelrecht gekämpft. Lange Zeit plätschert die Geschichte so dahin, ohne erkennbaren Spannungsbogen, obwohl es in Michael Endes Leben jede Menge tragischer und dramatischer Ereignisse gab. Der sehr poetische, blumige, ausschweifende Erzählstil wirkte auf mich wie eine Bremse beim Lesen und ich musste mich zum Weiterlesen regelrecht zwingen. Wäre dieses Buch nicht ein Rezensionsexemplar, hätte ich es wohl abgebrochen. Zum Glück wurde es im letzten Drittel dann endlich spannender, dann nämlich, als die Schwierigkeiten rund um die Verfilmung von „Die unendliche Geschichte“ erzählt werden und die Probleme, die der Autor mit der filmischen Umsetzung seines Werks hat. Kurz danach muss Ende den Tod seiner ersten Frau Ingeborg verkraften, später den Betrug durch seinen langjährigen Freund und Finanzverwalter Karl-Ludwig Peters, der ihm einen Schuldenberg in Millionenhöhe hinterließ. Nun endlich bekam die Geschichte so viel Tempo, dass ich die letzten Seiten in einem Rutsch las.

Alles in allem möchte ich das Buch gar nicht schlecht reden, denn wer sich auf den Schreibstil einlassen kann, der hat bestimmt viel Freude damit. Mir fehlte dafür die Geduld, es war wohl einfach das falsche Buch zur falschen Zeit. Immerhin wurde dadurch aber mein Interesse an Michael Ende neu entfacht. Viel geschmökert habe ich seither auf der Webseite des Autors. Dort habe ich auch entdeckt, dass es in München, in der Internationalen Jugendbibliothek in der Blutenburg, eine Michael-Ende-Dauerausstellung gibt. Die werde ich mir im kommenden Frühjahr bestimmt einmal in Ruhe anschauen. So habe ich letztlich durch die Lektüre dieses Romans doch noch was gelernt.