Zu wahr, um schön zu sein

Erstellt am 3.3.20. Kategorie: Buchrezensionen
„Zu wahr, um schön zu sein“
von Gabriella Engelmann
Bewertung
★★★★☆
Verlag Droemer Knaur
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen März 2020
Seiten 320
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Schon seit langem liebe ich die Romane von Gabriella Engelmann und auf diesen hier war ich besonders gespannt. Warum? Nun, laut Klappentext hat die Protagonistin genau wie ich einen Sohn namens Felix und steht, ebenfalls genau wie ich,  kurz vor ihrer Silberhochzeit. Zum Glück war’s das aber auch schon mit den Parallelen, denn leider läuft bei Caro gerade so ziemlich alles schief: Ihr Mann scheint an den besonderen Hochzeitstag keinen Gedanken zu verschwenden, weshalb sie ihn mit einer Überraschungsparty am Strand samt erneuertem Eheversprechen überrumpelt – eine ganz schlechte Idee, denn leider erfährt sie bei dieser Party, dass ihr Mann sie schon seit Jahren betrügt… mit einem Mann.

Natürlich ist Caro erstmal geschockt, jedoch eigentlich nicht allzu traurig, denn sie realisiert bald, dass sie und Matthias viel zu lange schon nur noch nebeneinander her gelebt haben, während ihre Gefühle füreinander längst erkaltet sind. Überhaupt hat Caro in den letzten Jahren alles getan, um ihrem Mann und ihrem 15-jährigen Sohn Felix, der gerade mitten in der Pubertät steckt, das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Dabei hat sie ihre eigenen Bedürfnisse hintenan gestellt, doch damit ist jetzt Schluss. Sie nimmt sich vor: Ab sofort bin ich die Kapitänin in meinem Leben!

Doch das ist leichter gesagt als getan, denn Caro verliert nicht nur ihren Mann, sondern auch noch ihren Job, außerdem macht Felix ihr Sorgen und ihre esoterisch angehauchte Hippie-Mutter nervt. Das neue Single-Dasein wirft ungeahnte Fragen auf (wie geht das nochmal mit dem Flirten und Daten?), Matthias will dank akuter Wohnungsnot als Untermieter wieder bei ihr einziehen und sein Liebhaber klagt ausgerechnet Caro sein Leid, als es zwischen ihm und Matthias kriselt. Zum Glück gibt es da noch Caros beste Freundin Sylvia und die Lotsenwitwe Hedwig, die ihr stets mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Der Roman ist äußerst unterhaltsam und amüsant geschrieben, nicht umsonst wird er vom Verlag als „Romantic Comedy“ beworben, was wirklich voll und ganz zutrifft. Mir persönlich war die Lektüre streckenweise allerdings zu sehr Comedy: Caro ist manchmal so tollpatschig, dass das Ganze schon in Slapstick ausartet. Mir fehlte es irgendwie, dass ihr ihre Probleme wirklich ernsthaft zu Herzen gehen, ganz offensichtlich ist sie eine Meisterin im Verdrängen. Generell vermisste ich diesmal den Tiefgang früherer Bücher der Autorin, wie z.B. in „Wildrosensommer“, das mich seinerzeit sehr berührt hatte.

Sehr schön geschildert fand ich jedoch die Passagen, in denen Jugendliche vorkommen: Die Szenen mit Felix oder die mit Sylvias Tochter Merle fand ich jeweils sehr authentisch, die verwendete Jugendsprache klang nicht gewollt und bei der Schilderung von Merles Abiball kamen bei mir ganz viele (schöne!) Erinnerungen an den Abiball hoch, den wir letztes Jahr mit unserem Felix erleben durften.

Darüber hinaus ist der Roman eine wunderbare Liebeserklärung an Hamburg und ganz besonders an die Elbe, das Elbufer bei Oevelgönne und an das Portugiesenviertel, das ich bei meinem nächsten Besuch im hohen Norden unbedingt mal etwas ausgiebiger erforschen muss.

Kurzum: eine sehr nette, kurzweilige Wohlfühllektüre, perfekt für ein verregnetes Wochenende auf dem heimischen Sofa.