lit.Love 2020: So war’s

Erstellt am 18.11.20. Kategorie: Dies & Das

Ich bin ein Fan der ersten Stunde: Seit 2016 zum ersten Mal das Lesefestival lit.Love in den Räumen der Verlagsgruppe Penguin Random House in München stattfand, bin ich restlos begeistert von diesem Event und habe es in den folgenden Jahren regelmäßig besucht, zuletzt 2019. Besonders schön finde ich, dass man dort bei Lesungen, Workshops, Talkrunden und Meet&Greets Autor*innen sehr persönlich erleben kann. Außerdem habe ich bei diesen Gelegenheiten schon viele nette Bloggerinnen kennengelernt und mit einigen von ihnen die Facebook-Gruppe #litlovebloggerinnen gegründet. Gemeinsam haben wir seitdem jeder neuen lit.Love entgegengefiebert und uns auf unser Wiedersehen gefreut.

Aber heuer war bekanntlich alles anders. Und so fragten wir uns schon lange beklommen, ob die lit.Love 2020 denn wie gewohnt am zweiten Novemberwochenende würde stattfinden können. Im Frühjahr schien das undenkbar, im Sommer vielleicht doch wieder möglich. Glücklicherweise entschloss sich das Orga-Team aber schon recht bald, die lit.Love heuer rein virtuell stattfinden zu lassen – im Nachhinein eine sehr gute Entscheidung!

Aber natürlich konnte ich mir zunächst überhaupt nicht vorstellen, wie das wohl ablaufen würde. Entsprechend gespannt war ich, als sich am Samstag, 7. November 2020, pünktlich um 10 Uhr vormittags die Tore zur virtuellen lit.Love öffneten. Das Programm jedenfalls las sich ähnlich vielversprechend wie in den vergangenen Jahren, mit mehreren gleichzeitig stattfindenden Angeboten, allerdings diesmal auf einen Tag beschränkt, nicht wie sonst über ein ganzes Wochenende verteilt.

Los ging es mit „Schokolade zum Frühstück: Morningtalk mit Maria Nikolai“: Die Autorin der Schokoladenvilla-Trilogie plauderte mit Moderator Günter Keil über die Entstehung ihrer Buchreihe, über Frühstücksgewohnheiten und Schokoladenlust beim Schreiben. Die halbe Stunde war viel zu schnell vorbei und auch wenn der Talk der beiden noch nicht ganz zu Ende war, war es für mich schon Zeit, in einen anderen virtuellen Raum zu schlüpfen, wo pünktlich um 10.30 Uhr Claudia Winter, die Autorin des Romans „Wie sagt man ich liebe dich“, von ihrer Recherchereise nach Lissabon schwärmte und bei mir damit viele wunderbare Reiseerinnerungen weckte. Claudia Winter hatte sogar extra ein Handout vorbereitet, das man sich herunterladen konnte – vielen Dank dafür! Trotzdem stellte ich schnell fest, dass es ratsam war, einen Notizblock samt Stift parat zu haben.

Weiter ging es um 11 Uhr mit dem Talk „Living the royal life – ein Blick hinter die Palastmauern“: Moderatorin Anouk Schollähn unterhielt sich mit Autorin Sophia Money-Coutts, die live aus London zugeschaltet war. Die Autorin war mir auf Anhieb sympathisch, weil sie so herrlich natürlich war, obwohl sie als Tochter eines Barons der britischen Upper Class angehört. Hinter ihr im Bild stapelten sich die Umzugskisten, sie war nämlich gerade erst in eine neue Wohnung gezogen. Die Privatbank ihrer Familie gilt als Bankhaus der Queen und Sophia selbst schreibt als Adelsexpertin für verschiedene Magazine. So konnte sie auch ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern und die Zuhörer erfuhren unter anderem, dass Prinz Harry zwar keine Journalisten mag, aber akribisch nach allem sucht, was über ihn in der Zeitung steht. „Kann ich jetzt bitte mein Herz zurückhaben?“ ist Sophias erster Roman und der wanderte sofort auf meine Wunschliste, allein schon, weil ich die Autorin so ungemein sympathisch fand.

Auch dieser Talk wurde gnadenlos überzogen, so dass ich mich erst um 11.45 Uhr in die nächste Session begab. Das war ein Workshop mit Autorin Rebekka Knoll zum Thema „Fesselnd schreiben“, doch leider waren die Teilnehmer, als ich mich dazu schaltete, gerade mitten in einer Schreibübung, so dass ich mir nur das Handout herunterlud und gleich in den nächsten Raum weiterklickte. Denn parallel fand auch ein Workshop mit Charlotte Schüler zum Thema „Do it yourself – einfach plastikfrei leben“ statt. Aber ich bin mittlerweile im Thema Plastikvermeidung schon so tief drin, dass es hier für mich nichts Neues zu erfahren gab.

Sehr viel unterhaltsamer und interessanter war für mich der nächste Programmpunkt um 12 Uhr: Bei „Reisen im Kopf“ unterhielten sich die Autorinnen Claudia Winter, Stephanie Jana und Ursula Kollritsch mit Moderatorin Angela Spizig über die Schauplätze ihrer Romane. Bei Claudia Winter sind das neben Lissabon die Bretagne und Paris und in der Stadt der Liebe spielt auch der Roman „Coco, Sophie und die Sache mit Paris“, den Stephi und Usch, so die Spitznamen der beiden Autorinnen, gemeinsam geschrieben haben. Wie man als Freundinnenpaar gemeinsam einen Roman schreibt, war natürlich auch ein großes Thema, ebenso wie Stephanies Heiratsantrag, den sie ganz romantisch auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise am Grab von Doors-Sänger Jim Morrison bekommen hat.

Danach gönnte ich mir eine kleine Mittagspause, bevor ich um 13 Uhr den Talk von lit.Love-Gründerin Astrid von Willmann mit Autorin Petra Durst-Benning besuchte. Leider gab es dort anfangs ziemliche Tonprobleme und es dauerte eine Weile, bis alles funktionierte. Deshalb schaute ich zwischendurch mal in die parallel stattfindenden Sessions hinein, kehrte dann aber wieder zum Talk zurück.

„How to bookstagram“ hieß es ab 13.30 Uhr, hier sollte die erfolgreiche Influencerin Maren Vivien Haase einen Workshop geben. Ich hatte mir ihren Instagram-Kanal vorher mal angeschaut und fand die Fotos ehrlich gesagt schrecklich gekünstelt und inszeniert. Umso überraschter war ich, wie natürlich und sympathisch sich Maren Vivien Haase auf der lit.Love präsentierte. Sie hatte für ihren Workshop sogar eine Powerpoint-Präsentation vorbereitet, aber leider war die Schrift darauf sehr, sehr klein, was nicht nur ich bemängelte. Meiner Meinung nach ihr wichtigster Tipp: Nicht nur auf Reichweite schielen, Spaß und der Austausch untereinander sollten im Vordergrund stehen. Prima, da sind wir uns einig 😉

„Wenn die eigene Welt zum Buch wird“: In der folgenden Session plauderten die Autorinnen Ivy Andrews und Jette Martens mit Verlagsmitarbeiterin Josephine Wismar über die Quellen ihrer Inspiration. Ivy Andrews hatte dafür eine Diashow mit Fotos aus Plymouth, wo ihr Roman „A single night“ unter anderem spielt, vorbereitet. Jette Martens’ Trilogie „Gut Schwansee“ hingegen spielt an der Ostsee, da wurde ich natürlich gleich hellhörig. Die beiden erzählten von ihren Schreiborten, von Pinterest-Bildern, die sie zur Inspiration ebenso nutzen wie bestimmte Playlists, und von der oft schwierigen Namensfindung im Roman. Ivys Credo: Ein Name muss sexy klingen, „Hans-Dieter also eher nicht so…“

Mit Ivy Andrew ging es auch beim nächsten Programmpunkt weiter. Da für ihren Talk mit Jette Martens um 14 Uhr aber 40 Minuten veranschlagt waren und ihr Workshop in einem anderen virtuellen Raum bereits um 14.30 Uhr begann, war ich neugierig darauf, wie das wohl gelöst würde. Die Antwort: Der Workshop „Die Inszenierung – richtig fotografieren für Instagram“ begann mit einer vorbereiteten Präsentation, die lange genug dauerte, dass Ivy sich anschließend live einklinken konnte. In ihrem Workshop ging es um die richtigen Lichtverhältnisse, darum, für die Fotoinszenierung die Farben des Buchcovers aufzunehmen und um geeignetes Dekomaterial. Das sammelt sie eigens in einem Karton, um es für Fotos zu verwenden. Da konnte ich nur staunen. Aus mir wird definitiv keine Deko-Queen mehr, dafür haben die Instagram-Bilder meiner Buchrezensionen alle das gleiche Design und insofern Wiedererkennungswert, was ja wiederum Maren Vivien Haase zuvor gepredigt hatte.

Danach gab’s für mich erstmal eine Kaffeepause mit meiner Familie – das ist definitiv ein Vorteil der virtuellen lit.Love gegenüber der realen: Man kann viel einfacher von einem Raum zum anderen wechseln, ist auf einem Lesefestival und dennoch daheim bei der Familie. Frisch gestärkt hatte ich um 16 Uhr dann die Qual der Wahl: Talk mit Autorin Rebekka Knoll oder Talk mit Autorin Julie Hilgenberg? Ich entschied mich für letzteres, denn von ihrem Roman „Das Mädchen aus Glas“ hatte ich bereits eine Leseprobe gelesen, die ich sehr spannend fand. Es geht darin um ein Mädchen, das die Glasknochenkrankheit hat, eine Krankheit, die Anfang des 20. Jahrhunderts noch kaum erforscht war – definitiv ein sehr spannendes Thema!

Übrigens: Die Leseprobe entstammt dem eBook „lit.Love.Stories 2020“, das Leseproben sämtlicher bei der lit.Love 2020 vertretenen Autor*innen enthält und kostenlos auf allen Plattformen erhältlich ist.

Wie schon mehrmals an diesem Tag, hatte ich auch hier ein Zeitproblem: Der Talk wurde überzogen, so dass ich mich früher ausklinkte, um rechtzeitig bei der nächsten Session dabei sein zu können. Denn den Workshop mit Jette Martens „Wie man als Autorin die richtigen Worte findet“, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Jette Martens erzählte, dass sie ihre ersten Romane als Self-Publisherin veröffentlicht hat, bevor sie bei Penguin einen Verlagsvertrag für die „Gut Schwansee“-Trilogie erhielt. Auch zu ihrem Workshop gab es ein Script, das man im Nachhinein beim Verlag anfordern konnte. Das habe ich auch getan, allerdings habe ich das Script bis heute nicht bekommen. Schade, da muss ich nochmal nachfragen.

Da mir die Autorin Sophia Money-Coutts schon am Vormittag so sympathisch gewesen war, stand für mich als nächstes ein Talk unter dem Motto „High Tea“ mit ihr und Autorin Geneva Lee auf dem Programm. Dazu hatte ich mir stilecht einen Earl Grey gekocht und einen Teller mit Pralinen hergerichtet, die ich mir extra für die lit.Love gekauft hatte. Derart gut gerüstet, lauschte ich dem amüsanten Geplauder über echte und falsche Royals (Geneva Lees Romanreihe heißt „Royal“) und der Frage, ob sie wirklich die Tür öffnen würden, wenn ein echter Prinz anklopfen würde? Die Antwort dürfte für Prinzen eher enttäuschend sein… 😉

Auch dieser Talk dauerte mal eben 20 Minuten länger als veranschlagt – wie gut, dass in der folgenden halben Stunde eh nichts stattfand, was mich interessiert hätte! So konnte ich ganz entspannt um 18 Uhr der Frage „Wieviel Pink darf’s sein?“ nachgehen und mich mit den Verlagsmitarbeiterinnen Sonja Assfalg, Barbara Heinzius, Stefanie Hester und Eva-Katharina Müller auf die Suche nach dem perfekten Cover begeben. Das war für mich definitiv eines der Highlights dieses Tages! Die vier Frauen berichteten zunächst über den Entstehungsweg eines Buchcovers, beginnend mit dem Lektorat bis zur Coverrunde mit Marketing und Vertrieb. Da wird oft über Kleinigkeiten diskutiert, bis die Gestaltung in die Hände von Profi-Agenturen gegeben wird. Gerade bei historischen Romanen gibt es da ja viel zu beachten, z.B. ob das Kleid, das die Frau auf dem Cover trägt, zur damaligen Zeit tatsächlich so existiert haben könnte oder ob es in der damaligen Mode undenkbar gewesen wäre. Und natürlich sind die Geschmäcker verschieden. So erklärt sich auch das typische „Frau von hinten“-Cover, das mittlerweile beinahe jeden Liebes- oder historischen Roman ziert: „Wenn man das Gesicht nicht sieht, hat man nicht das Problem, dass manche die Frau sympathisch finden und andere nicht“, wurde hier erklärt.
Berücksichtigt werden muss auch, wie ein schönes Cover bei einem eBook wirkt, aber bei der Frage, wie „instagramable“ ein Cover sein muss, winkten die vier Verlagsdamen ab: Wenn ein Cover schön ist, dann funktioniert es auch auf Instagram, lautete die einhellige Meinung.

Nach diesem sehr interessanten Talk war für mich erstmal Pause, meine Männer hatten Abendessen vorbereitet. Weiter ging es um 20 Uhr, nein, eigentlich erst um 20.15 Uhr, denn der Beginn von „Long Story Short“ verzögerte sich. Bei „Long Story Short“ handelt es sich um ein beliebtes Format mit den beiden Journalisten Karla Paul und Günter Keil, die dem jeweils anderen in einer Minute ein Buch vorstellen. Bei dieser speziellen lit.Love-Version ging es dabei natürlich um die Bücher der diesjährigen Autor*innen. Mit von der Partie war wieder das Autorinnen-Duo Stephanie Jana und Ursula Kollritsch und das Ganze war so lustig, dass es mir gar nichts ausmachte, dass wieder einmal überzogen wurde und ich deshalb den nächsten Programmpunkt „Cheers Ladies“ verpasste. Immerhin bekam ich von meinem Schatz dennoch einen Cocktail serviert.

Fazit: Ich hätte es mir vorher nicht vorstellen können, aber die virtuelle lit.Love hat wirklich Spaß gemacht! Die Talks waren ebenso informativ und amüsant wie bei den echten lit.Loves der vergangenen Jahre und auch die Technik klappte fast ausnahmslos sehr gut. Was natürlich fehlte, war der persönliche Austausch, aber immerhin konnte ich nebenbei mit ein paar meiner Co-litlovebloggerinnen chatten. Es gab sogar ein virtuelles Café, in dem man sich hätte treffen können, aber ich hatte gar nicht die Zeit, dort mal vorbeizuschauen.

Ein großer Vorteil der Online-Veranstaltung war natürlich, dass ich dafür nicht aus dem Haus zu gehen brauchte. Allein schon wegen Corona ratsam, aber auch der Nebel am Morgen lud nicht gerade dazu ein, vor die Tür zu gehen, geschweige denn mit dem Auto zu fahren. Wobei ich im Gegensatz zu vielen anderen Besucher*innen ja eine sehr kurze, problemlose Anreise gehabt hätte.

Lustig war es, die verschiedenen Hintergründe der Teilnehmer zu betrachten. Fast alle hatten sich vor einem Bücherregal platziert, bei manchen waren die Bücher darin sogar nach Farben geordnet. Andere wie z.B. Maria Nikolai hatten sich extra eine Kulisse als Hintergrund gebastelt, bei Sophia Money-Coutts hingegen stapelten sich wie erwähnt die Umzugskartons… alles in allem ein sehr interessanter Einblick!

Kritisieren muss ich vor allem die enge Taktung der Programmpunkte: 30 Minuten waren für die einzelnen Talks und Workshops einfach viel zu kurz bemessen, fast alle wurden überzogen, so dass man entweder vorzeitig gehen musste oder zu spät zum nächsten Programmpunkt kam. Da hätte ich persönlich eine Zeitspanne von 45 Minuten plus etwas Zeitpuffer besser gefunden. Klar, damit hätte man insgesamt weniger Themen untergebracht. Aber da sind wir schon beim nächsten Kritikpunkt: Das Programm wartete diesmal mit vielen Themen auf, die ich persönlich auf der lit.Love nicht gebraucht hätte: Da gab es ein Achtsamkeits-Training, einen Workshop unter dem Motto „Du bist für mehr gemacht“, einen Talk zur „Entdeckung innerer Landschaften“, die Urban Jungle Bloggers referierten über Zimmerpflanzen, die Schauspielerin Judith Hoersch sprach über Selbstverwirklichung in der Filmbranche zwischen Kind, Karriere und Konkurrenz, und dann gab es noch eine Einführung in den neuen Do it yourself-Trend Punch Needle, einen Persönlichkeitstest und am späten Abend sogar noch ein G-Punkt-Seminar. Mal ehrlich: Braucht es das auf einem Lesefestival? Gut, die Geschmäcker sind verschieden und ich habe diese Veranstaltungen auch nicht besucht (vielleicht hab ich ja was verpasst?), es gab ja genug Alternativen. Dennoch bin ich der Meinung, hier wäre weniger mehr gewesen.

Aber alles in allem hab ich den Tag sehr genossen und mich gefreut, dass auch am heimischen Schreibtisch und via Bildschirm so viel lit.Love-Feeling aufkam. Dennoch hoffe ich sehr, dass die lit.Love 2021 wieder in gewohnter Weise stattfinden kann. In diesem Sinne: Cheers Ladies!

PS: Einen gut fünfminütigen Highlights-Film zur lit.Love 2020 kann man sich auf YouTube anschauen.

PPS: Im Gegensatz zu den realen lit.Loves der Vorjahre war die Teilnahme an der virtuellen lit.Love 2020 kostenlos. Dennoch kann, wer möchte, einen freiwilligen Beitrag leisten auf das Paypal-Konto der Veranstaltung. Ich finde das nur fair und habe selbst bereits einen Betrag überwiesen. Es wurde betont, dass die so zustandekommende Summe komplett an die Autor*innen der lit.Love geht, die ja schließlich in diesem Jahr allesamt enorme Einbußen durch ausgefallene Lesungen und/oder verschobene Buchprojekte hatten.