Bella Donna – Die Schöne von Florenz

Erstellt am 19.5.21. Kategorie: Buchrezensionen
„Bella Donna - Die Schöne von Florenz“
von Catherine Aurel
Bewertung
★★★★★
Verlag Penguin
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen Mai 2021
Seiten 414
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Vor vielen, vielen Jahren habe ich mir in der Gemeindebücherei Vaterstetten den englischsprachigen Roman „The Time Returns“ (dt. Titel: „Morgenrot“) von Alexandra Ripley ausgeliehen. Sie erzählt darin das Leben von Lorenzo de’ Medici, dem ungekrönten Herrscher über Florenz und Kunstmäzen des 15. Jahrhunderts. Mich hat dieses Buch seinerzeit begeistert und ich habe daraufhin viele Bücher verschlungen, in denen es um die Medici geht oder die zumindest im Florenz dieser Zeit spielen. Viel Raum nahm in diesem Roman auch Lorenzos Liebe zur Kunst und seine Freundschaft zu namhaften Künstlern seiner Zeit ein, darunter Leonardo da Vinci, Michelangelo und Sandro Botticelli.

Um Botticelli geht es auch in diesem Roman von Catherine Aurel – oder vielmehr um die Frau, die zu seiner Muse wurde und auf seinen berühmtesten Gemälden abgebildet ist: Simonetta Vespucci. Als 16-Jährige wurde sie mit Marco Vespucci verheiratet, muss aber dann feststellen, dass Marco homosexuell ist, seine Ehe mit ihr eine reine Scheinehe. Das junge Mädchen sitzt also kreuzunglücklich in einem Palazzo in Florenz, bis sie eines Tages Giuliano de’ Medici, Lorenzos jüngerem Bruder, begegnet. Der ist hingerissen von Simonettas Schönheit und macht ihr den Hof – ungeachtet der Tatsache, dass sie verheiratet ist. Die Familie Vespucci fördert die Beziehung zwischen Simonetta und Giuliano, sichert sie sich doch auf diese Weise die Gunst der einflussreichen Medici.

Bei einem Turnier zu Giulianos Ehren macht er Simonetta zu seiner Turnierdame und fortan schwärmt ganz Florenz von deren Schönheit. Doch für Giuliano ist Simonetta nicht mehr als ein Schmuckstück, zu einem tieferen Austausch kommt es nicht und die junge Frau fühlt sich nicht ernstgenommen. Angesichts der vielen Stimmen, die ihre Schönheit rühmen, hat sie fortan nur noch ein Ziel: Sie will die Göttin von Florenz werden, eine Frau, zu der jeder aufschaut, die jeder bewundert und liebt.

Hilfe bekommt sie dabei von Cosima Bellani, einer ehemaligen Kurtisane. Je älter Cosima wird, desto weniger Freier kommen noch zu ihr, deshalb muss sie sich dringend andere Einnahmequellen überlegen, um zu überleben. Zum Glück versteht sie sich auf die Kunst des „farsi bella“, des Sich-schön-Machens. Sie lernt Simonetta kennen, als sie das junge Mädchen für seine Hochzeit schminkt und in den Folgejahren begegnen sich die beiden Frauen immer wieder. Cosima beginnt einen Handel mit ihren Schönheitsmitteln, doch erst als Simonetta zu Giulianos Turnierdame wird, beginnt ihr Geschäft zu florieren, denn sie hat eine fantastische Idee: Ihre Fläschchen, Tuben und Döschen werden fortan mit kleinen Bildern von Simonetta verziert, denn nun will plötzlich jede Frau in Florenz so aussehen wie sie.

Die kleinen Bildnisse werden von Sandro Botticelli gemalt, der sich auf den ersten Blick in Simonetta verliebt. Doch anders als alle anderen sieht er nicht nur ihre hübsche Hülle, sein Blick dringt bis in ihre Seele. Und so ist es schließlich Botticelli, der Simonetta auffängt, als sie zum Spielball rivalisierender Familien wird und Giuliano sie verstößt…

Schon in „The Time Returns“ war die Rede von Simonetta, allerdings nur am Rande, weshalb ich neugierig darauf war, mehr über diese Frau zu erfahren, die so weltberühmte Gemälde wie „Der Frühling“ und „Die Geburt der Venus“ ziert. Nicht nur Botticelli wurde von ihr inspiriert, auch zahlreiche Dichter der Zeit widmeten ihr Gedichte und Lieder. Doch keiner hegte so tiefe Gefühle für sie wie der Maler, der noch viele Jahre nach Simonettas Tod ihr Bildnis heraufbeschwor und damit wahre Meisterwerke schuf.

Ich wusste ja schon dank vorheriger Lektüre, dass sowohl Simonetta als auch Giuliano ein früher Tod beschieden war. Doch das tat der Spannung keinen Abbruch. Die unterm Strich eher traurige Geschichte dieser jungen Frau, die für kurze Zeit große Berühmtheit erlangte und gewissermaßen das erste It-Girl der Renaissance wurde, hat mich sehr betroffen gemacht – wobei mir leider nicht ganz klar wurde, wie viel in diesem Roman Fiktion ist und wie viel historisch belegt. Ob Simonetta tatsächlich die Geliebte von Giuliano de’ Medici war, ist wohl umstritten.

Spannend fand ich auch die Darstellung der Medici-Brüder in diesem Roman, die war nämlich ganz und gar anders als in „The Time Returns“: Meine damalige Lektüre hatte bei mir zu einer gewissen Verklärung der beiden Brüder geführt, auch wurde ihr Verhältnis zueinander und die Liebe ihrer Mutter zu beiden Söhnen dort ganz anders dargestellt. Durch Catherine Aurels Roman bekam dieses Bild – zum Glück! – einige Risse. Hier wird Giuliano als der ungeliebte, weniger talentierte jüngere Sohn dargestellt, der stets im Schatten seines mächtigen Bruders stand. Und Lorenzo selbst kommt hier auch längst nicht so gut weg wie in dem Roman von Alexandra Ripley. Aber das ist gut so, denn es rundet das Bild, das ich mir im Laufe der Jahre gemacht habe, sehr gut ab. Alles in allem hat mich dieses Buch vollkommen in seinen Bann gezogen, gefühlt habe ich für einige Tage selbst im Florenz des 15. Jahrhunderts gelebt und vor allem mit Sandro Botticelli und Cosima Bellani habe ich mitgelitten und mitgeweint.

Im Anhang des Romans findet sich noch eine Zeittafel mit den wichtigsten historischen Ereignissen, von denen meiner Meinung nach jedoch einige fehlen, z.B. der Tod von Lorenzo de’ Medici 1492. Außerdem gibt es noch ein Kapitel mit Anmerkungen der Autorin zur Historie, wobei mir hier, wie schon erwähnt, ein paar Erläuterungen fehlen, was genau nun Fiktion ist und was nicht. Aber immerhin wurde ich dadurch angeregt, im Internet etwas genauer über Botticelli, Simonetta und die Medici zu recherchieren. Und so kann ich am Ende sagen: Wieder was gelernt.

[Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]