Sicherer Start in die Fahrradsaison

Erstellt am 1.5.23. Kategorien: Ebersberger Zeitung, Lokalberichte

Es passierte ausgerechnet am Nikolausabend: Wir besuchten meine Mutter und als wir nach zwei Stunden ihr Haus verließen, war mein eBike weg, gestohlen. Und das, obwohl ich es mit einem stabilen Schloss abgeschlossen hatte. Aber eben nur ab-, nicht angeschlossen. Wir vermuten, dass eine organisierte Bande das abgeschlossene Rad weggetragen und in einen wartenden Transporter geladen hat. Die Anzeige bei der Polizei blieb leider ebenso erfolglos wie meine anschließende wochenlange Suche bei eBay, eBay-Kleinanzeigen und ähnlichen Portalen.

Ihr könnt Euch denken, dass ich wirklich am Boden zerstört war. Ich hänge an meinem Rad, nutze es so oft wie möglich im Alltag, aber auch im Urlaub und für Ausflüge. Seit ich mein eBike habe, fahre ich deutlich weniger Auto, was letztlich auch der Umwelt zugute kommt. Somit war schnell klar: Ein neues eBike musste her! Nun hatten wir Glück und konnten kurz nach Weihnachten ein echtes Schnäppchen machen, so dass ich inzwischen wieder glücklich auf zwei Rädern unterwegs bin. Aber natürlich haben wir uns in dem Zusammenhang sehr genau mit dem Thema Diebstahlschutz auseinandergesetzt, unzählige Videos zu diversen Fahrradschlössern angeschaut, uns zu Versicherungen informiert etc. pp.

Die Erkenntnis für mich lautete: Jedes Schloss kann geknackt werden, es ist nur eine Frage der Zeit und des Werkzeugs. Wenn ein Dieb das Schloss nicht vor Ort knacken, aber das abgeschlossene Fahrrad einfach wegtransportieren kann, wie bei mir passiert, um das Schloss dann ganz in Ruhe in einer Werkstatt im Verborgenen zu öffen, dann nutzt mir das teuerste Fahrradschloss nichts. Was aber definitiv hilft: das Fahrrad irgendwo fest anzuschließen, sei es an einem Zaun, einem Laternenmast oder an einem dafür geeigneten Fahrradständer – sofern vorhanden und genau das ist oft genug ein Problem.

So entstand die Idee zu meiner Fahrrad-Sonderseite in der Ebersberger Zeitung, in der ich mich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt habe. Zugleich ist dies das erste Mal, dass ich gleich eine ganze Seite in unserer Zeitung gestalten durfte, plus Kommentar auf der Titelseite, und darauf bin ich ehrlich gesagt schon ein wenig stolz. Somit hatte der unerfreuliche Diebstahl am Ende zumindest doch noch etwas Gutes:

Als Erstes habe ich ein langes Telefonat mit Jürgen Friedrichs, dem Vorsitzendes des ADFC-Kreisverbandes Ebersberg, geführt. Wer es nicht weiß: ADFC steht für Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V. und ist DIE Interessensgemeinschaft für Radfahrer*innen in Deutschland schlechthin. Jürgen Friedrichs gab mir viele wertvolle Tipps, wie man sich vor Fahrraddiebstahl schützen kann:

Momentan schließen sich viele Kommunen in unserem Landkreis der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen in Bayern (AGFK) an. Nach dem Beitritt hat eine Kommune ein paar Jahre Zeit, diverse Projekte zur Fahrradfreundlichkeit umzusetzen, bevor sie endgültig ihre Mitgliedsurkunde erhält. Meine Heimatgemeinde Vaterstetten ist der AGFK kürzlich ebenfalls beigetreten und will nun einige Projekte verwirklichen. Wie es Stand heute um die Fahrradfreundlichkeit bei uns bestellt ist, habe ich mir mal genauer angeschaut und zwar speziell unter dem Gesichtspunkt sicherer Abstellmöglichkeiten (sichere Fahrradwege sind nochmal ein ganz eigenes Thema…):

Natürlich durfte auch der Blick in andere Landkreisgemeinden nicht fehlen und mein Fazit dazu im Kommentar:

Ich kann nur hoffen, dass meine Sonderseite beim einen oder anderen das Bewusstsein für das Thema etwas schärft – denn lt. Statistik unserer Polizeidienststellen wird bei uns im Landkreis pro Jahr etwa ein Fahrrad am Tag gestohlen! Wenn es passiert, ist es äußerst hilfreich, alle wichtigen Daten zum Fahrrad, Fotos und am besten auch den Kaufbeleg parat zu haben, denn umso genauere Angaben kann man machen, wenn man bei der Polizei Anzeige wegen Diebstahl erstattet. Am besten speichert man sich diese Infos digital, denn die Diebstahlanzeige kann man auch online machen und dabei die entsprechenden Dateien gleich mit hochladen. Die Polizei selbst hat übrigens in einer Broschüre hilfreiche Tipps zusammengefasst, am Ende der Broschüre kann man auch einen Fahrradpass abtrennen und ausfüllen. Der Fahrradpass als App der Polizei wird derzeit gerade überarbeitet und steht daher leider nicht zum Download zur Verfügung.

Hilfreich ist es auch, sein Fahrrad codieren zu lassen, denn mit solch einem Code kann das Fahrrad eindeutig seinem Besitzer zugeordnet werden und ist damit für Diebe von vorneherein weniger interessant. Solche Codierungen bietet neben der Polizei auch der ADFC an, über Termine kann man sich auf der Homepage oder in der Presse informieren. Bei uns hat der ADFC am vergangenen Wochenende einen Fahrradflohmarkt veranstaltet und dabei auch die Codierung angeboten. Das habe ich mit meinem neuen eBike natürlich gleich genutzt:

Summa summarum muss noch viel getan werden, um das Fahrradfahren in Zukunft noch sicherer und somit alltagstauglicher zu machen. Wie oben schon erwähnt, gehören dazu natürlich auch sichere Fahrradwege, denn beim Radeln auf den Autostraßen habe ich leider oft das Gefühl, dass Autofahrer der Meinung sind, Radfahrer wären keine gleichberechtigten Verkehrsteilnehmer. Vorfahrtsregeln, Sicherheitsabstand… davon haben viele Autofahrer anscheinend noch nie was gehört! Deshalb unterstütze ich auch die Initiative Radentscheid Bayern, die sich mittels Volksbegehren für sichereren Radverkehr in Bayern einsetzt.

Diese Initiative hat zusammen mit vielen anderen Interessensverbänden am Sonntag, 23. April 2023 zu verschiedenen Fahrraddemos in ganz Bayern aufgerufen. Nach München gab es eine Radsternfahrt: Aus vielen Umlandsstädten und -gemeinden fuhren Gruppen von Radfahrern gemeinsam nach München, wo auf dem Königsplatz eine große Abschlusskundgebung stattfand:

Quelle: ADFC München

Auch aus unserem Landkreis gab es eine organisierte und von der Polizei begleitete Route, der wir uns mit der ganzen Familie anschlossen. Es war ein ganz besonderes Erlebnis, gemeinsam mit vielen anderen Teilnehmern auf Straßen zu radeln, die ich sonst nur aus Autofahrersicht kenne: auf der vielbefahrenen B304 stadteinwärts, dem Mittleren Ring, der Prinzregentenstraße… ein Highlight für mich war die Fahrt um den Friedensengel herum und dann entlang der Museen und an der Eisbachwelle vorbei.

Auf dem Königsplatz kamen wir recht pünktlich nach knapp eineinhalb Stunden an (laut ADFC Ebersberg betrug die Streckenlänge von unserem Startpunkt aus gute 17 Kilometer). Es machte Spaß, die vielen verschiedenen Fahrräder anzuschauen, darunter auch einige recht fantasievolle Drahtesel Marke Eigenbau. Gekommen waren lt. Polizeiangaben rund 17000 Leute, darunter Familien mit kleinen Kindern ebenso wie Senioren und passionierte Sportradler. Es herrschte eine ganz tolle, fröhliche Stimmung, was sicher auch daran lag, dass das Wetter entgegen aller Vorhersagen trocken und zeitweise sogar sonnig geblieben war.

Für den Heimweg brauchten wir fast genau so lang wie für den Hinweg, obwohl wir diesmal nicht im Pulk und daher bedeutend schneller radeln konnten – aber anders als auf dem Hinweg konnten wir nun eben keine breiten Autostraßen nutzen, die von der Polizei extra für uns gesperrt worden waren. Schon der Weg aus der Innenstadt heraus war eine echte Herausforderung: meist waren die Radwege schmal oder fehlten ganz. Um den Friedensengel herum gibt es zum Beispiel einen kombinierten Fuß- und Radweg, etwa einen Meter schmal und mit Kopfsteinpflaster (und in unserem Falle auch noch bergauf!). Um auf halbwegs sicheren Routen unterwegs zu sein, war unser Heimweg mit gut 22 Kilometern letztlich fünf Kilometer länger als der Hinweg, der uns über meist schnurgerade Einfallstraßen geführt hatte. Allein daran sieht man schon, dass hier noch viel getan werden muss…

Das belegt übrigens auch der ADFC-Fahrradklima-Test: Dabei handelt es sich um eine Umfrage, an der im Jahr 2022 rund 245.000 Fahrradfahrende teilgenommen haben. Sie mussten ihre Heimatstädte und -gemeinden nach einem Kriterienkatalog mit Schulnoten bewerten. Das Ergebnis ist ernüchternd: Im Bundesdurchschnitt wurde eine Note von 3,96 erreicht und manifestiert damit den Abwärtstrend, den die Umfrage schon in den Vorjahren gezeigt hat. Bundesweit am schlechtesten bewertet wurden die Breite der vorhandenen Radwege, das viel zu häufige Problem von parkenden Autos auf Radwegen (bzw. die mangelnde Kontrolle dieser Falschparker) und schlechte Radwegführung an Baustellen. Auf der Seite des ADFC-Fahrradklima-Tests kann man sich die Ergebnisse auch für die einzelnen Orte in Deutschland anzeigen lassen. Meine Heimatgemeinde Vaterstetten liegt mit der Gesamtnote 4,0 übrigens noch unter dem Bundesdurchschnitt.