Die Fernsehschwestern1 – Wunder gibt es immer wieder

Erstellt am 14.6.23. Kategorie: Buchrezensionen
„Die Fernsehschwestern 1 - Wunder gibt es immer wieder“
von Beate Sauer
Bewertung
★★★★★
Verlag Heyne
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen Juni 2023
Seiten 544
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Dieses Buch ist der Auftakt zu einer Trilogie, die sich über die Jahre 1955 bis 1989 erstreckt und an wechselnden Orten spielt. Hauptperson im ersten, gerade erschienenen Teil, der 1955 spielt, ist Eva Vordemfelde, die älteste Tochter von Axel und Annemie. Axel ist ein ehrgeiziger Journalist, dem seine Karriere über alles geht, während Annemie ganz für ihre Familie da ist. Im Krieg musste sie alleine für Eva und deren jüngere Zwillingsschwestern sorgen, nun ist sie vor allem die hübsche brave Ehefrau, die ihren Mann frag- und klaglos in allem unterstützt.

Die 19-jährige Eva rebelliert gegen dieses Rollenbild. Ihr großer Traum ist es, Kostümbildnerin zu werden, doch ihrem Vater ist eine Schneiderinnenlehre für seine Tochter zu profan, stattdessen besorgt er ihr eine Stelle als Sekretärin. Als Eva im Urlaub die berühmte Kostümbildnerin Gerdago kennenlernt, die die Kostüme für die Sissi-Filme mit Romy Schneider entworfen hat (Gerdago ist eine reale Figur), wird ihr klar, dass sie ihren Traum trotzdem unbedingt weiter verfolgen muss. Ein Empfehlungsschreiben von Gerdago an den Kostümbildner am Deutschen Theater in München soll ihr dabei helfen.

Doch dann tritt Evas Vater in der Bundeshauptstadt Bonn eine Stelle beim NWDR (später WDR) an und natürlich muss seine Familie mit ihm von München an den Rhein ziehen. Für Eva bricht eine Welt zusammen, denn das Deutsche Theater in München scheint nun unerreichbar zu sein. Ohnehin bekommt sie von ihrem Vater erbitterten Widerstand zu spüren, seine aufsässige Tochter ist in seinen Augen eine Gefahr für seinen guten Ruf und seine weitere Karriere. Und zu Evas Leidwesen erhält sie auch von ihrer Mutter keine Unterstützung. Was ist nur aus der starken, selbständigen, tatkräftigen Annemie aus Kriegszeiten geworden, seit Axel aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekommen ist?

Im Laufe des folgenden Jahres überschlagen sich die Ereignisse: Eva verliebt sich und es scheint, als würde Paul ihre künstlerischen Ambitionen unterstützen, doch allzu oft steckt auch er noch im Korsett des vorherrschenden Rollenbildes fest. Und Axel, dem der junge Journalist Paul viel zu linkspolitisch ist, schreckt sowieso vor keiner Manipulation zurück, um seine aufmüpfige Tochter auf Linie zu bringen…

Beim Lesen habe ich mit Eva von der ersten Seite an mitgefühlt. Allzu oft spürte ich so heftige Wut auf ihren konservativen Vater, dass ich das Gelesene erstmal etwas sacken lassen musste, bevor ich weiterlesen konnte. Evas Geschichte ist wunderbar eingebettet in die realen Ereignisse der damaligen Zeit, in die Anfänge des Fernsehens, die damaligen Trends in Musik, Mode und Film, vor allem aber in die politischen Geschehnisse der 1950er. Da geht es um den Umgang mit der DDR und mit den Kriegsgräueln, um Alt-Nazis, die noch immer unbehelligt sind, um die Rebellion der Jugend gegen die verstaubten Denkweisen der älteren Generation. Die tatsächlichen historischen Ereignisse dieser Zeit werden von der Autorin im Nachwort gut erläutert bzw. zeitlich eingeordnet.

Die Lektüre hat mich vollkommen in ihren Bann gezogen und auch dann beschäftigt, wenn ich gerade nicht gelesen habe. Nur den Ohrwurm hätte ich nicht unbedingt gebraucht: Beim Lesen des Buchtitels hatte ich immer automatisch den gleichnamigen Schlager von Katja Ebstein im Ohr. 😉

Das Buch ist, wie schon erwähnt, der Auftakt einer Saga: „Morgen ist ein neuer Tag“ soll laut Verlag im Oktober 2023 erscheinen und hat die 1968er-Bewegung zum Thema. Hier stehen wohl vor allem Evas jüngere Zwillingsschwestern im Mittelpunkt. „Glücklich sind die Mutigen“ erscheint im Januar 2024 und spielt im Jahr 1989. Laut Klappentext kommen darin mehrere Frauen der Familie Vordemfelde vor. Ich bin ja vor allem gespannt auf die Geschichte von Evas Mutter, die im ersten Teil schon angerissen, aber noch nicht gänzlich enthüllt wird. Ich freue mich also schon heute auf die Fortsetzungen dieses wirklich gelungenen ersten Bandes.

[Werbung, unbezahlt] [Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]