Zwischen den Meeren

Erstellt am 17.7.23. Kategorie: Buchrezensionen
„Zwischen den Meeren“
von Lena Johannson
Bewertung
★★★★☆
Verlag Aufbau Verlag
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen Oktober 2022
Seiten 409
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Wir planen für den Spätsommer eine Reise nach Norddeutschland, nach Kiel, an die Ostsee und an den Nord-Ostsee-Kanal. Deshalb wurde ich gleich hellhörig, als ich Ende letzten Jahres mitbekam, dass es einen historischen Roman gibt, der sich mit dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals beschäftigt. Ganz bewusst habe ich mir das Buch aber bis jetzt aufgespart, weil ich es einigermaßen zeitnah zu unserem Urlaub lesen wollte.

„Zwischen den Meeren“ ist der Auftakt zu einer Trilogie rund um den Kanalbau. Erzählt wird die Geschichte anhand von vier Frauen, die an verschiedenen Orten, zumeist entlang der Kanalroute, leben. Da ist zunächst einmal Mimi, die Tochter von Heinrich Hermann Dahlström, dem Initiator des Kanals. Die Familie ist nach dem Tod von Heinrichs erster Frau wie gelähmt, daran kann auch die Nachricht nichts ändern, dass der Bau des Kanals nun endlich beschlossen wurde. Hinzu kommt, dass Dahlström für seine Planungen in erhebliche finanzielle Vorleistungen gegangen ist und von seinem Geld bis jetzt noch keinen Pfennig wiedergesehen hat.

In Kiel lebt die Familie Thams. Justine ist die älteste Tochter des Eisenwarenhändlers Wilfried Thams. Sie hilft im Geschäft und kümmert sich um die jüngeren Geschwister. Ihr Vater erhofft sich vom Kanalbau einen Aufschwung für sein Geschäft, muss dafür aber zunächst investieren, um sein Geschäft zu vergrößern – mit der Folge, dass die Familie hoch verschuldet ist. Jobst, Justines älterer Bruder, hat sich im Streit von seinem Vater abgewandt und lebt mit seiner Frau als Landwirt in der Nähe. Der Kanalbau hat für ihn ganz andere Folgen, denn sein Land ist von Enteignung bedroht. Justines Freund Thorin hingegen träumt von einer Karriere als Schauspieler und hat keine Lust, in den Eisenwarenhandel einzusteigen und Justine zu heiraten.

In Rendsburg lebt Regina Rademacher, unglücklich verheiratet mit Christoph, einem Gutsbesitzer, der sich von einem geänderten Verlauf des Kanals einen Gewinn erhofft. Dasselbe erhofft sich auch Broder Neunes, ein Kaufmann aus Lübeck, der befürchten muss, dass er geschäftlich vollkommen abgehängt wird, wenn der Kanal wie geplant bei Kiel in die Ostsee mündet. Eine geänderte Route, die den Kanal in Lübeck enden lässt, wäre für ihn von ungeheurem Vorteil. So versucht er, mit Reginas Hilfe den Kanalbau zu torpedieren. Zu spät erkennt Regina, dass Broder sie nur ausgenutzt hat, während sie ihm echte Gefühle entgegengebracht hat.

Und dann ist da noch Sanne, Tochter eines Zimmermanns in Brunsbüttel und Nachfahrin eines Schleusenbauers, ein bitterarmes, aber blitzgescheites Mädchen, das davon träumt, beim Kanalbau mitmischen zu können. Helfen soll ihr dabei der Italiener Rosario, ein Steinmetz, der schon beim Bau des Gotthard-Tunnels dabei war und nun am Nord-Ostsee-Kanal arbeiten will.

Rosario ist nur einer von unzähligen Arbeitern aus ganz Europa, die in den späten 1880er-Jahren nach Norddeutschland strömen, um am Kanal mitzuarbeiten. Sie alle erhoffen sich davon eine bessere Zukunft für sich und ihre Familien. Mir persönlich waren es im Roman ein paar Figuren zu viel, von denen erzählt wird, leider wurde es dadurch streckenweise ein wenig langatmig. Andererseits hat die Autorin wunderbar herausgearbeitet, welche Ängste und Hoffnungen mit diesem Jahrhundertbauwerk verknüpft waren: Wie bei jedem Großprojekt gab es Gegner und Befürworter, Gewinner und Verlierer.

Gegen Ende des Romans wird es dann vor allem für Justine und Regina so richtig dramatisch, schon allein deshalb bin ich nun neugierig auf den zweiten Teil der Saga, „Nach den Gezeiten“, der im Juni erschienen ist, so dass ich glücklicherweise gleich weiterlesen kann. Denn der erste Teil endet, noch bevor der Bau des Kanals so richtig begonnen hat, es gibt also noch viel zu erzählen.

Auf der Homepage des Aufbau-Verlags gibt es ein sehr interessantes Interview mit der Autorin über ihre Recherche. Zufällig habe ich kürzlich auch im NDR eine sehr spannende Doku zum Kanalbau gesehen. Infos und den link zur Mediathek gibt es hier.

[Werbung, unbezahlt]