„Was du siehst“ | |
von Laura Maaß | |
Bewertung
★★★★★
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Verlag | Gutkind |
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Buchform | gebunden, E-Book |
Erschienen | August 2025 |
Seiten | 352 |
Erhältlich bei | genialokal.de |
Auf dieses Buch wurde ich durch das Bloggerportal Vorablesen aufmerksam. Die Leseprobe und der Klappentext klangen sehr vielversprechend und so freute ich mich darauf, diesen Roman lesen und rezensieren zu dürfen.
Die Handlung spielt im Wesentlichen in einem (fiktiven) Dorf in der sog. Griesen Gegend in Mecklenburg nahe der Elbe – als die Geschichte anfängt, markiert der Fluss zugleich die Grenze zwischen DDR und BRD. Erzählt wird das Leben zweier junger Leute, die Ende 1967 bzw. Anfang 1968 dort zur Welt kommen. Jule ist die Tochter von Ruth, die eines Tages ganz allein und hochschwanger aus Berlin flüchtet und in dem kleinen Dorf eine neue Heimat findet. Sie freundet sich mit Hannah an, die ebenfalls schwanger ist. Kurz nach Jule wird Hannahs Sohn Andi geboren.
Jule und Andi sind vom ersten Moment an unzertrennlich. Sie wachsen gemeinsam auf, werden zusammen eingeschult, reifen zu Teenagern heran und verlieben sich schließlich ineinander. Nichts und niemand kann sie trennen, so scheint es – bis nach dem Mauerfall plötzlich die Grenzen zur BRD offen sind. Während Andi sein kleines überschaubares Dorf liebt und nirgendwo sonst leben möchte, zieht es Jule in die große weite Welt hinaus – erst recht, nachdem sie einem lang gehüteten Geheimnis ihrer Mutter Ruth auf die Spur kommt und daraufhin das dringende Bedürfnis hat, sich auf die Suche nach ihren eigenen Wurzeln zu machen.
Durch die Wende gerät viel Vertrautes ins Wanken: Nachbarn verlassen das Dorf, Geschäfte sind plötzlich geschlossen, dafür kommen Fremde in die Gegend … vieles verändert sich. Und während Andi dem Vertrauten nachtrauert, lässt Jule sich auf das Neue ein und muss erst noch herausfinden, wohin sie wirklich gehört. Die Jahre vergehen, Jule und Andi haben nur noch selten Kontakt, verlieren sich aber nie ganz aus den Augen – und können nicht aufhören, sich zu lieben. Ob das Schicksal sie schlussendlich doch noch zusammenführt?
Von der ersten Seite an war ich völlig fasziniert von der Atmosphäre, die Autorin Laura Maaß in ihrem Roman geschaffen hat. Ich konnte mir das Dorf in der Griesen Gegend richtig bildlich vorstellen, mit all seinen mehr oder weniger schrulligen, aber insgesamt durchwegs liebenswerten Bewohnerinnen und Bewohnern. Jule und Andi wachsen in einer Dorfgemeinschaft auf, in der jede*r jede*n kennt, wo man sich gegenseitig hilft und füreinander da ist, weil sie alle in der einsamen, oft von Flut oder Dürre geplagten Gegend nur gemeinsam überleben können. Und ich habe die Dorfbewohner*innen allesamt ins Herz geschlossen, habe mit ihnen gelitten, gelacht, mich mitgefreut und um sie getrauert.
Ich selbst bin nur wenige Jahre jünger als Jule und Andi und fand es spannend, über ihre Kindheit und Jugend in der DDR zu lesen und darüber, wie die Dorfbewohner die Wende erlebt haben. Ein ganz klein wenig hat mich der Roman an „Kastanienjahre“ von Anja Baumheier erinnert, nicht inhaltlich, sondern thematisch. Beide Bücher haben mir eine neue Perspektive auf ein wichtiges Kapitel der deutsch-deutschen Geschichte eröffnet.
Das Cover finde ich wunderschön und es passt zur Geschichte ebenso gut wie der Buchtitel, denn ein über all die Jahre bestehendes Ritual zwischen Jule und Andi ist das Spiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“. Und dann folgt eine Farbe wie etwa Himmelblau, Immergrün, Altgold, Pionierblau, Kreideweiß, Schneewolkenorange, Wasserstoffblond, Witwenschwarz … mit diesen Farben sind auch die einzelnen Kapitel überschrieben.
Fazit: Eine wunderbar einfühlsame Geschichte, leise und mit viel Humor erzählt, über ein Schicksal, das mich auch nach dem Ende der Lektüre noch lange beschäftigt hat.
[Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]