„Die Liebenden am Canal Saint-Martin“ | |
von Claire Renaud | |
Bewertung
★★★★★
|
|
![]() |
|
Verlag | dtv |
---|---|
Buchform | gebunden, E-Book |
Erschienen | Januar 2025 |
Seiten | 240 |
Erhältlich bei | genialokal.de |
Vor unserem Paris-Urlaub im Frühling habe ich die Onleihe unserer Gemeindebücherei auf der Suche nach passenden Romanen zur Einstimmung durchstöbert, dabei bin ich unter anderem auf dieses Buch gestoßen. Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist ein Lokal am Canal Saint-Martin in Paris. Dort steht Cyril seit Jahren hinter der Bar. Noch recht neu ist hingegen die Kellnerin Marion, in die sich Cyril verliebt, aber es scheint, als habe Marion in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht, weswegen sie derzeit auf alle Männer generell schlecht zu sprechen ist, so dass sich Cyril nur sehr behutsam voran wagt.
Im Lokal kehren vor allem Paare ein und um die geht es in diesem kleinen feinen Buch: Jede*r im Restaurant macht sich, oftmals nur sehr beiläufig, Gedanken über die anderen Gäste, interpretiert etwas in sie hinein, erfindet seine eigene Geschichte für sie. Jedes der Kapitel ist aus der Sicht einer anderen Person geschrieben, so lernt man nach und nach alle Gäste des Lokals kennen und erfährt ihre wahren Geschichten, die sich oftmals stark von dem unterscheiden, was die anderen Gäste wahrnehmen.
Da gibt es das junge Paar, das sich heute zum ersten Mal persönlich trifft und erstmal schüchtern und sprachlos ist, nachdem es online schon so intensive Gespräche geführt hat. Ein älterer Mann und eine sehr junge Frau – ist sie seine Tochter oder seine Geliebte? Das mittelalte Paar, das sich nichts mehr zu sagen hat. Der Mann, der jede Woche mit einer anderen Frau auftaucht. Das Paar, neben dessen Tisch ein Koffer steht und das offensichtlich einen Abschied vor sich hat. Die junge Frau, die plötzlich einen positiven Schwangerschaftstest aus der Handtasche zieht und ihrem Freund zeigt – wie wird er reagieren? Und dann der alte Mann, der bisher immer mit seiner geliebten Frau zu Gast war, heute jedoch ganz alleine isst, aber für zwei Personen bestellt …
So erfährt man nach und nach immer mehr über die Gäste, die sich an diesem einen Abend im Lokal versammelt haben, und verabschiedet sie am Ende wie gute Bekannte, die man eine kurze Zeit lang auf ihrem Weg begleiten durfte. Wie mag es wohl nach diesem Abend für sie alle weitergehen?
Für Fans von Nicolas Barreau ist dieser Roman sicher gut geeignet, allerdings sind einige Schicksale, die hier erzählt werden, längst nicht so schön und romantisch wie die Geschichten in den Barreau-Romanen, sondern durchaus auch mal ernüchternd. Und manchmal zeigt sich auch, dass der schöne Schein trügt und es innen drinnen in den Menschen ganz anders aussieht als man von außen erahnt. Die Wahrnehmungen sind oftmals ganz unterschiedlich und genau das ist es, was einen am Ende der Lektüre durchaus nachdenklich zurücklässt.
Eine schöne Lektüre für zwischendurch, schnell und leicht zu lesen. Der Sprachstil hat mich wiederum sehr an Nicolas Barreau erinnert und für das wunderschöne Cover gibt es einen Extrapunkt – auch wenn ich inzwischen aus eigener Erfahrung weiß, dass man den Eiffelturm vom Canal Saint-Martin aus garantiert nicht sehen kann 😉
Als wir nämlich schließlich selbst in Paris waren, sind wir tatsächlich gleich am ersten Tag zum Canal Saint-Martin gegangen, was im wahrsten Sinne des Wortes nahe lag, weil er nur wenige Gehminuten vom Gare de l’Est entfernt ist. Es hat uns dort so gut gefallen, dass wir auch am letzten Tag, vor unserer Abreise, nochmal dort waren. Und natürlich sind wir auch eingekehrt, in einem wunderschönen Bistrot namens „La Marine“, wo wir vorzüglich gegessen haben und sehr nett bedient wurden. Somit verbinde ich nun über diesen Roman hinaus noch ganz persönliche wunderbare Erinnerungen an den Canal Saint-Martin.
[Werbung, unbezahlt]