Montmartre – Traum und Schicksal

Erstellt am 25.11.25. Kategorie: Buchrezensionen
„Montmartre - Traum und Schicksal“
von Marie Lacrosse
Bewertung
★★★★★
Verlag Goldmann
Buchform kartoniert, E-Book
Erschienen November 2025
Seiten 603
Erhältlich beigenialokal.de

Im April diesen Jahres war „Montmartre – Licht und Schatten“ von Marie Lacrosse mein absolutes Lesehighlight. Deshalb habe ich schon ganz sehnsüchtig auf das Erscheinen von Band 2 gewartet, der jetzt im November erschienen ist. In dieser Fortsetzung wird das Schicksal der beiden ungleichen Frauen Elise und Valérie im Paris des zu Ende gehenden 19. Jahrhunderts weitererzählt.

Elise macht Karriere im Moulin Rouge. Darüber geht ihre langjährige Freundschaft mit der missgünstigen Tänzerin La Goulue zu Bruch, die Angst um ihre unangefochtene Vormachtstellung im Variété hat. Durch einen schrecklichen Unfall einer Kollegin kommt Elise ins Grübeln: Ihr wird klar, dass sie nicht ihr Leben lang Geld als Tänzerin verdienen kann. Wie aber soll sie sich im Alter absichern und den Lebensunterhalt ihrer Angehörigen finanzieren?

Ganz andere Sorgen hat Valérie: Sie wird gezwungen, einen deutlich älteren Mann zu heiraten. Damit ist ihr halbwegs selbstbestimmtes Leben vorbei, fortan hat ihr Mann das Recht, über alle Belange zu bestimmen – und dieses Recht nutzt er gnadenlos aus. Valéries Traum von einer Karriere als Malerin scheint ausgeträumt, zumal auch ihre Freundschaft mit dem Künstler Henri de Toulouse-Lautrec zerbrochen ist. Ausgerechnet ein schreckliches Verbrechen scheint den Wendepunkt zu bringen.

Daneben wird auch das Schicksal von Elises Schwester Simone weitererzählt, die ihr Herz dem falschen Mann geschenkt hat und viel zu lange komplett verblendet war, sogar dann noch, als ihr Mann sie zur Prostitution zwingt. Als Simone nicht spurt, geht es vom Edelbordell immer weiter abwärts …

Auch wenn die Frauen in diesem Roman allesamt von sehr unterschiedlicher Herkunft sind, so zieht sich doch wie ein roter Faden ein Thema durch dieses Buch: die (nicht vorhandenen) Frauenrechte in Frankreich zu jener Zeit (das Buch spielt im Zeitraum von 1889 bis 1895). Der von Napoleon eingeführte „Code Civil“ nimmt vor allem verheirateten Frauen jedes Recht auf Selbstbestimmung, ihr Ehemann ist der alleinige Herrscher über sämtliche Belange. Das war teilweise wirklich erschütternd zu lesen.

Auch in der Malerei kämpfen Frauen gegen Ende des 19. Jahrhunderts fast immer vergeblich um Anerkennung. Hier jedoch ist Frankreich im Vergleich zu einigen anderen Ländern ein klein wenig offener, so dass sich in Paris eine Gruppe von „Malweibern“ zusammenfindet, die an speziellen Akademien studiert und sich oft gegenseitig unterstützt. Die männlichen Künstler dieser Epoche stehen diesmal nicht so sehr im Vordergrund wie in Band 1, erwähnt werden aber auch sie, ebenso wie etliche politische und gesellschaftliche Ereignisse dieser Zeit. Geschickt versteht es die Autorin, ihre fiktiven Personen in diesen realen historischen Hintergrund einzubinden und auch real existierende Personen (wie z.B. La Goulue) mit ihnen in Verbindung zu setzen.

So bin ich auch diesmal wieder förmlich durch die Seiten geflogen, musste allerdings die Lektüre auch öfter unterbrechen, um das Gelesene sacken zu lassen. Vor allem das Schicksal von Simone, aber auch das von Valérie hat mich tief bewegt. Wieder einmal war ich beim Lesen sehr dankbar dafür, dass wir diese Zeiten hinter uns gelassen haben!

Das Ende des Romans hat mich ein wenig unbefriedigt zurückgelassen. Während sich für einige Figuren des Romans alles gut zu fügen scheint, bleibt das Schicksal anderer Figuren völlig offen. Ja, es werden sogar Andeutungen gemacht, die mich für die Zukunft der betreffenden Personen bangen lassen. Und so musste ich direkt nochmal nachschauen: Doch, diese Geschichte ist wirkllich als Dilogie angelegt, d.h. es bleibt bei diesen beiden Bänden, auch wenn für mein Empfinden die Geschichte einiger Figuren noch lange nicht auserzählt ist. Aber dann muss ich eben meine eigene Fantasie walten lassen …

Alles in allem wieder eine wunderbar spannende, informative, oft auch aufwühlende Lektüre, die ich wärmstens empfehlen kann. Allerdings sollte man zum besseren Verständnis der Zusammenhänge unbedingt mit Band 1 der Reihe beginnen.

[Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]