Mondblumenrätsel

Erstellt am 21.3.20. Kategorie: Buchrezensionen
„Mondblumenrätsel“
von Christine Rath & Dieter Jaeschke
Bewertung
★★★★★
Verlag Gmeiner
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen März 2020
Seiten 439
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Seit langem bin ich ein Fan von Christine Rath und ihren Romanen, insbesondere ihrer am Bodensee spielenden Reihe rund um das Café Butterblume, die 2012 mit „Butterblumenträume“ begann. Im Herbst 2017 erschien mit „Kastanienfeuer“ der vorerst letzte Band der Serie und seitdem warte ich ungeduldig auf eine Fortsetzung. Eine solche ist „Mondblumenrätsel“ nur indirekt: Zwar spielt auch diese Geschichte wieder in Überlingen am Bodensee, aber Maja, Nini und ihr Café Butterblume kommen nur in Nebenrollen vor. Dennoch habe ich mich über das Wiedersehen gefreut und die neue Geschichte hat mich von der ersten Seite an gepackt.

Schon im Prolog geht es spannend los, denn erzählt wird hier der Versuch eines jungen Paares, im Jahre 1975 aus der DDR zu fliehen. Dann folgt ein krasser Szenenwechsel: Wir befinden uns in der Gegenwart und begleiten den jungen Lehrer Felix Schäfer (das ist nun schon mein drittes Buch innerhalb weniger Wochen, in dem ein Felix eine der Hauptrollen spielt!) mit seiner Schulklasse auf Klassenfahrt an den Bodensee. Wie das halt so ist: Die Lehrer haben ihre liebe Mühe mit den pubertierenden Teenagern, die sich nur wenig für die Landesgartenschau in Überlingen begeistern können. Vor allem Lola sorgt immer wieder für Ärger, weil sie zu spät an verabredeten Treffpunkten erscheint. Und eines Abends taucht sie gar nicht mehr auf: Die Klasse war im Strandbad, doch als es Zeit wird, zur Jugendherberge zurückzukehren, ist Lola verschwunden. Niemand hat sie gesehen, ihr Handy ist offensichtlich ausgeschaltet. Felix bleibt nichts anderes übrig, als die Polizei einzuschalten.

Eine großangelegte Suche beginnt: Schon bald müssen Kriminalhauptkommissar Michael Harter (Lebensgefährte von Ruth, Mitarbeiterin im Café Butterblume) und seine junge Kollegin Bahar Yilmaz die Kollegen der Kripo Friedrichshafen hinzuziehen, es wird eine SOKO gebildet, Wasserschutzpolizei, Taucher, Suchhunde, Helikopter und Wärmebildkameras kommen zum Einsatz. Doch Lola bleibt verschwunden, ihre Spur verliert sich an der sogenannten Gläsernen Werft. Hier wird einer ihrer Turnschuhe gefunden, auf dem Boden sind Schleif- und Blutspuren, die Spurensicherung kann schließlich die DNA von Lola und zwei weiteren Personen feststellen, doch wer waren diese Personen? Und wo ist Lola jetzt? Lebt sie überhaupt noch?

Dann wird auf dem Gelände der Landesgartenschau ein frisches Grab entdeckt, mit den seltenen Mondblumen bepflanzt. Darin liegt ein junges Mädchen, das wie Schneewittchen aussieht, mit rot geschminkten Lippen, einem weißen Brautkleid und einem Efeukranz im Haar. Die SOKO ermittelt auf Hochtouren, doch alle Spuren laufen ins Nichts, immer wieder endet die Suche in einer Sackgasse und allzu oft muss die SOKO wieder ganz von vorne beginnen, während in Überlingen die Angst wächst und eine Bürgerwehr ihre Aufgabe allzu ernst nimmt…

Wie eingangs erwähnt, hat mich dieser Krimi von Anfang an gefesselt und nicht mehr losgelassen. Die Geschichte ist aus vielen wechselnden Perspektiven erzählt, mal kommen die verschiedenen Ermittler, mal Felix, Maja oder Nini zu Wort, das sorgt für Spannung und viele Cliffhanger an den Kapitelenden. So manche scheinbar heiße Spur endet im Nichts, geschickt lockt die Autorin ihre Leser immer wieder auf falsche Fährten. Und erst ganz zum Schluss offenbart sich, was der Kriminalfall am Bodensee mit den im Prolog erzählten Geschehnissen in der DDR zu tun hat. Daneben kommen noch andere wichtige zeitgeschichtliche Themen zur Sprache, die geschickt in die Handlung verwoben werden, ohne sie zu überfrachten.

Gerade in der aktuellen, von der Corona-Pandemie geprägten Situation war dieses Buch für mich wie eine Offenbarung. Es war so spannend, dass ich stundenlang die Realität um mich herum vollkommen vergessen habe. Dank des erzwungenen Zuhausebleibens und des Mangels an Presseterminen, die ich derzeit wahrnehmen kann, hatte ich Zeit, um dranzubleiben und so habe ich das Buch kaum noch weggelegt. Auch als ich die Lektüre beendet hatte, hat die Geschichte noch lange nachgewirkt.

Fazit: Ein rundum gelungener Krimi, der einen den Alltag vollkommen vergessen lässt. Und nun sitze ich wieder hier und warte erneut sehnsüchtig auf einen neuen Roman von Christine Rath, denn die Geschichten am Bodensee sind noch lange nicht zu Ende erzählt.

Übrigens: Dieses Buch hat die Autorin zusammen mit ihrem Mann Dieter Jaeschke verfasst, der 35 Jahre bei der Kripo gearbeitet hat. So konnte sie aus erster Hand Informationen über die Arbeit der Kriminalpolizei in die Geschichte einfließen lassen, ebenso wie viele lokale Informationen über die Bodenseeregion, wo das Paar gemeinsam lebt.

 

PS: Zum Abschluss noch eine Bitte:
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(ausführlichere Infos dazu gibt es auch in meinem Beitrag Buchladen statt Amazon)