Weihnachten am Ku’damm

Erstellt am 2.11.20. Kategorie: Buchrezensionen
„Weihnachten am Ku'damm“
von Brigitte Riebe
Bewertung
★★★★★
Verlag Wunderlich
Buchform gebunden, eBook
Erschienen Oktober 2020
Seiten 160
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

In den letzten beiden Jahren habe ich mit großer Begeisterung die Trilogie rund um die „Schwestern vom Ku’damm“ von Brigitte Riebe gelesen. Nun ist rechtzeitig zur Adventszeit noch ein Nachschlag erschienen in Form dieser schönen Weihnachtsgeschichte, die im Dezember 1946 angesiedelt ist, somit also in dem Zeitraum, in dem der erste Band der Trilogie spielt. Dieser Winter ging als sogenannter Jahrhundertwinter in die Geschichte ein, denn es war wirklich bitterkalt und so kurz nach dem Kriegsende herrschte zudem eine große Hungersnot und generelle Materialknappheit, ganz besonders in Berlin, der Stadt, die schon damals einen Sonderstatus in Nachkriegsdeutschland einnahm.

Auch die Familie Thalheim hungert, ihr Modehaus liegt in Schutt und Asche und wären da nicht Silvies Gesangsauftritte bei den britischen Besatzern, die ihr so manche Stange Zigaretten einbringen, die sich wiederum hervorragend auf dem Schwarzmarkt tauschen lässt, dann läge sicher noch viel mehr im Argen. Dennoch hat die Familie ein großes Herz für andere Menschen, denen es noch schlechter geht, wie zum Beispiel den kleinen Emil.

Den liest Rike, die älteste der drei Thalheim-Schwestern, nämlich eines Abends auf der Straße auf, halb verhungert und erfroren. Sie nimmt ihn kurzerhand mit nach Hause, wo die Familie ihn liebevoll wieder aufpäppelt und allmählich von seinem Schicksal erfährt. Denn der Achtjährige musste mit seiner Mutter aus Breslau flüchten, der Vater ist in Kriegsgefangenschaft. So hat der Kleine in jungen Jahren schon sehr viel Leid erfahren müssen. Wie gut, dass er ausgerechnet von den Thalheims gefunden und gerettet wurde! Und wer weiß, vielleicht passiert am Ende – ganz ohne Tannenbaum und Festtagsbraten – doch noch ein Weihnachtswunder…

Mich hat diese Lektüre sehr demütig gemacht. In einer Zeit, in der aufgrund der Corona-Pandemie ringsum die Weihnachtsmärkte und -konzerte abgesagt werden, in der viele Leute sich beklommen fragen, wie das Weihnachtsfest heuer wohl ausfallen wird, da erinnert dieses Buch daran, wie gut es uns heute trotz allem doch geht. Beim Lesen spürte ich beinahe selbst den fortwährenden Hunger und die Kälte, die in jede Ritze kriecht, so eindrücklich hat Brigitte Riebe die Not dieser Zeit beschrieben. Und dennoch strahlt die Geschichte eine wunderbare Herzenswärme aus, die sie zu einer ganz besonderen Weihnachtslektüre macht.

„Weihnachten am Ku’damm“ kann als eigenständige Geschichte gelesen werden, aber ganz besonders empfehlenswert ist die Lektüre natürlich, wenn man auch die Trilogie oder zumindest deren ersten Teil bereits kennt. Für mich war es einfach schön, die Familie Thalheim auf diese Weise wiederzutreffen und wer weiß, vielleicht gibt es ja tatsächlich noch eine weitere Fortsetzung. Die Autorin hat da sowas angedeutet…