Drei Frauen und ein falsches Leben

Erstellt am 31.1.23. Kategorie: Buchrezensionen
„Drei Frauen und ein falsches Leben“
von Dora Heldt
Bewertung
★★★★★
Verlag dtv
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen Januar 2023
Seiten 509
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Ich mag die Bücher von Dora Heldt ja alle, aber ganz besonders begeistert hat mich die Autorin 2018 mit dem Roman „Drei Frauen am See“ und 2021 mit der Fortsetzung „Drei Frauen, vier Leben.“ In beiden Büchern ging es um die drei Freundinnen Alexandra, Friederike und Jule sowie um ihre gemeinsame Freundin aus Kindertagen, Marie, die leider viel zu früh gestorben ist. Im ersten Band finden die drei Frauen, die sich nach einem großen Streit entfremdet hatten, durch Maries Tod wieder zueinander. Im zweiten Band wird das Leben der Freundinnen weiter erzählt und ich dachte eigentlich, damit sei die Geschichte nun auch zu Ende. Doch nun hat Dora Heldt nochmal nachgelegt und die Erzählung wirklich zu einem stimmigen Abschluss gebracht.

Hauptperson diesmal ist Esther, Friederikes Mutter. Die beiden hatten nie ein inniges Verhältnis und jetzt, wo Esther zunehmend dement ist und im Pflegeheim lebt, bekommt Friederike überhaupt keinen Zugang mehr zu ihr. Doch dann beteiligt sich das Pflegeheim an einem Studentenprojekt, wodurch Friederike gezwungen wird, sich mit Esthers Vergangenheit, von der sie bislang kaum etwas weiß, intensiv auseinanderzusetzen.

Hilfe bei ihren Nachforschungen erhält sie von Alexandra, denn die hat den Auftrag zu einem neuen Buchprojekt bekommen, in dem sie sich mit der Geschichte der Unternehmerfamilie Hohnstein auseinandersetzen soll. Maries Mutter Laura war eine geborene Hohnstein und zudem die beste Freundin von Esther, das Leben der beiden Frauen war von Kindheit an eng miteinander verknüpft. Allerdings stößt Alexandra bei ihren Recherchen auch auf unangenehme Wahrheiten aus der Nazi-Zeit, während Friederike dem Geheimnis ihres unbekannten Vaters auf die Spur kommt. Für beide Frauen bedeutet die Beschäftigung mit der Vergangenheit zugleich eine neue Weichenstellung für ihre Zukunft – woran auch Jule, die Dritte im Bunde, ihren Anteil hat.

Ich habe mich sehr über das „Wiedersehen“ mit den drei so unterschiedlichen Freundinnen gefreut und gespannt verfolgt, wie es in ihrem Leben weitergeht. Dabei musste ich oft schmunzeln, denn Dora Heldt hat es geschafft, so lebensnahe Situationen und Dialoge zu schreiben, dass ich oft das Gefühl hatte, sie hätte zuvor bei meiner Familie Mäuschen gespielt. Vor allem die Szenen zwischen Esther, Friederike und deren Freund Tom, der im Umgang mit der schwierigen Seniorin so viel geduldiger und diplomatischer agiert als Friederike, kamen mir irgendwie bekannt vor und ähnlich war es auch bei vielen anderen Szenen, die ich so bildhaft vor Augen hatte, als sei ich selbst mit dabei.

Esther war mir zwar nicht sonderlich sympathisch, dennoch habe ich von Anfang an mit ihr mitgelitten, denn ihr Leben, das im Roman nach und nach in Rückblenden erzählt wird, war wirklich alles andere als einfach. Aber auch ihre Tochter hatte mein vollstes Mitgefühl, wenn sie hilflos miterleben musste, dass ihre eigene Mutter sie nicht mehr erkennt. Das Thema Demenz wird im Roman so feinfühlig beschrieben, dass ich mich unwillkürlich gefragt habe, ob die Autorin hier auf Erfahrungen in der eigenen Familie zurückgegriffen hat (auch wenn mich das natürlich nichts angeht).

Auf jeden Fall ist Dora Heldt hier wieder einmal ein mitreißender, sehr anrührender Roman gelungen, der mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen hat. Ganz klare Leseempfehlung! Und übrigens: Man könnte dieses Buch auch lesen, wenn man die beiden Vorgängerbände noch nicht kennt, denn alles, was man wissen muss, wird in der Handlung erzählt. Aber schöner ist es natürlich, wenn man das Schicksal der drei Frauen von Anfang an mitverfolgen kann.

[Werbung, unbezahlt] [Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]