Im Jahr der Flut

Erstellt am 13.2.24. Kategorie: Buchrezensionen
„Im Jahr der Flut“
von Lena Johannson
Bewertung
★★★★★
Verlag Aufbau
Buchform kartoniert, eBook
Erschienen Februar 2024
Seiten 416
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Auf dieses Buch habe ich schon voller Spannung gewartet! Im vergangenen Sommer durften wir einen wunderschönen Urlaub in Norddeutschland erleben, an der Ostsee und am Nord-Ostsee-Kanal. Quasi in Vorbereitung darauf hatte ich im vergangenen Jahr schon die ersten beiden Bände dieser Trilogie gelesen, die sich mit dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals beschäftigt: „Zwischen den Meeren“ und „Nach den Gezeiten“. Nun ist endlich auch der dritte und letzte Band der Reihe erschienen.

Dieser dritte Teil beginnt im Jahre 1895, kurz nach der Einweihung des Kanals. Schon zu diesem Zeitpunkt ist klar, dass der Kanal zu klein ist und erweitert werden muss, denn das Kaiserreich rüstet auf: Nicht nur die Handels- und Passagierschiffe, vor allem die Militärschiffe werden immer größer. So kommt es im Kanal und an den Schleusen immer wieder zu Unfällen, wenn Schiffe sich touchieren oder steckenbleiben. Heinrich Hermann Dahlström, Initiator des Kanals, hadert damit, dass beim ursprünglichen Kanalbau niemand auf seinen Rat gehört hat, das Bauwerk gleich entsprechend größer zu dimensionieren. Nun hat er ein Bergungsunternehmen für im Kanal havarierte Schiffe gegründet. Leider enden viele der Unfälle im Kanal tödlich, so erfährt Dahlströms Tochter Mimi von vielen traurigen Schicksalen.

Auch Regina kümmert sich weiterhin um das Wohlergehen der Arbeiter und ihrer Familien. Sie und Mimi schließen sich einem Wohlfahrtsverein an, um in Not geratenen Frauen und Familien zu helfen. Justine und ihr Mann hingegen profitieren von der Kanalerweiterung: Ihr Geschäft floriert und entwickelt sich zu einer großen Baumarktkette. Doch Justine hat die Zeiten, in denen sie selbst Not leiden musste, nicht vergessen, daher schließt auch sie sich dem Wohlfahrtsverein an.

Sanne aus Brunsbüttel ist die vierte der Frauen, deren Schicksale in der Trilogie geschildert werden. Zu ihrer großen Freude darf sie bei der Erweiterung des Kanals ganz offiziell mitarbeiten und ihr technisches Wissen einbringen. Auch privat hat sie mit Rosario ihr Glück gefunden. Rosario hat sich einen Namen als Fliesenleger gemacht, der sich auf komplizierte Muster und mediterrane Terrakotta-Böden versteht – und so kommt der Kontakt zu Justines Unternehmen zustande, was letztlich dazu führt, dass sich nun endlich alle vier Frauen untereinander kennenlernen und trotz aller Unterschiede zu Freundinnen werden.

Das Leben der vier Protagonistinnen wird über einen Zeitraum von knapp 20 Jahren erzählt: Familien wachsen, Kinder werden groß, allmählich verläuft ihr Leben in ruhigeren Bahnen. Doch politisch betrachtet sind die Zeiten unruhig, der Erste Weltkrieg steht kurz bevor. Und so kommt es, dass Justine und ihr Mann eines Tages der Spionage für die Engländer beschuldigt werden und im Gefängnis landen. Ihre Freundinnen setzen alles daran, den beiden zu helfen und den wahren Agenten zu überführen.

Diesmal habe ich von Anfang an mit allen vier Frauen samt ihren Familien mitgefiebert. Die Geschichte hält gleich mehrere Spannungshöhepunkte parat und immer wenn ich dachte, nun wird alles gut, passierte wieder etwas Dramatisches. Gegen Ende wuchs dann auch meine Beklemmung, denn jedes Kapitel ist mit einer Zeitangabe überschrieben und die letzten Kapitel spielen im Sommer 1914 – man weiß also, was auf die ans Herz gewachsenen Personen zukommt.

Neben der spannenden Geschichte rund um die vier Frauen fand ich auch die Schilderungen rund um die Kanalerweiterung sehr interessant. Das Schicksal der Arbeiter und ihrer Familien, die soziale Ungerechtigkeit der Gesellschaft und auch die Vorbehalte der Bevölkerung gegenüber den ausländischen Arbeitern stehen im Fokus und sorgten beim Lesen so manches Mal für Beklemmung.

Insgesamt habe ich also wieder viel Neues gelernt und das auf sehr unterhaltsame Weise. Ich kann diesen Roman uneingeschränkt empfehlen, allerdings mit dem Hinweis, dass es unbedingt ratsam ist, alle drei Bände in chronologischer Reihenfolge zu lesen, weil doch einiges an Wissen aus den Vorgängerbänden vorausgesetzt wird.

Beim Lesen hatte ich so manchen Ort, den wir im Urlaub besucht haben, vor meinem geistigen Auge, wie etwa die Schleusenanlage in Kiel-Holtenau, dort wo der Nord-Ostsee-Kanal in die Kieler Förde und damit in die Ostsee mündet:

Im Buch werden auch die vielen Brückenbauwerke über den Kanal erwähnt, insbesondere die Eisenbahnhochbrücke samt Schwebefähre in Rendsburg (linkes und mittleres Bild). Rechts im Bild die Holtenauer Hochbrücke.

[Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]