Für immer und ein Wort

Erstellt am 3.9.21. Kategorie: Buchrezensionen
„Für immer und ein Wort“
von Anne Sanders
Bewertung
★★★★☆
Verlag Blanvalet
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen August 2021
Seiten 439
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Kann man sich in Worte verlieben? Die Britin Annie aus Cambridge würde diese Frage sicherlich mit Ja beantworten. Als Lektorin hat sie schon beruflich viel mit Worten zu tun, allerdings bearbeitet sie da eher langweilige Texte für die Universität. Verliebt hat sie sich aber in die Worte, die in einem Notizbuch stehen, das sie in einer Letterbox im Dartmoor entdeckt hat. Das muss man sich ähnlich vorstellen wie beim Geocaching: Im Dartmoor gibt es gut versteckte Schatullen, die nur mit entsprechenden Hinweisen und Koordinaten gefunden werden können. Darin befinden sich normalerweise ein Stempel und Stempelkissen sowie ein Buch, in dem man selbst einen Stempel und ein paar Zeilen hinterlassen kann. Annie aber findet darin noch besagtes Notizbuch, in dem jemand seine Gedanken, kurze Gedichte, Fragen, Wünsche und Sehnsüchte niedergeschrieben hat.

Kurz entschlossen nimmt Annie das Büchlein mit und liest es zuhause immer wieder. Die anrührenden Zeilen treffen bei ihr einen Nerv, denn Annie geht es gerade gar nicht gut, nachdem ihr Ex Finley eine Andere geheiratet hat. Annie ist bei ihm aus- und wieder in ihre alte Studentenbude eingezogen, der Job langweilt sie, doch sie kann sich nicht aufraffen, etwas an ihrer Situation zu ändern. Vom Verfasser der Notizbuch-Zeilen fühlt sie sich auf wundersame Weise verstanden. Als sie in dem Buch eine Adresse in London entdeckt, fährt sie kurzentschlossen dorthin, um dem Eigentümer sein Notizbuch zurückzugeben.

So steht sie plötzlich Jack gegenüber. Der allerdings ist nicht der Autor der anrührenden Zeilen, sondern dessen Bruder. Der eigentliche Verfasser Leo, Jacks Bruder, ist vor kurzem gestorben, deshalb ist Jack so perplex, plötzlich dieses Büchlein mit Worten seines verstorbenen Bruders in Händen zu halten, dass er Annie nicht über den Irrtum aufklärt. Die glaubt, sie habe mit Jack den Verfasser der Zeilen, in die sie sich verliebt hat, vor sich.

Durch Zufall begegnen sich Annie und Jack kurz darauf wieder und schließlich entwickelt sich via Handy ein Austausch zwischen ihnen, der auch dem wortkargen Jack allmählich immer wichtiger wird. Umso schwerer wird es für ihn, den Irrtum aufzuklären. Und dann steht plötzlich auch Finley wieder vor Annies Tür…

Diese Geschichte braucht eine Weile, bis sie so richtig in Schwung kommt, zumindest war das für mein Empfinden so. Anfangs versinkt Annie in Selbstmitleid und diese Stimmung ist beim Lesen so spürbar, dass sich die Lektüre für mich etwas zäh gestaltete. Aber je mehr der Dialog zwischen Annie und Jack in die Gänge kommt, umso mehr nimmt auch die Geschichte an Spannung zu.

Das Buch ist in vier Teile aufgeteilt. Der erste Teil wird aus Annies Sicht geschildert, der zweite aus Jacks. Dabei erfährt man auch viel über sein Leben, warum er so unter Leos Tod leidet und welche Probleme sich sonst noch vor ihm auftürmen. Der dritte und vierte Teil wird abwechselnd aus Annies und aus Jacks Perspektive erzählt. Dabei spielen die Textnachrichten der beiden und Briefe, die Jack an Annie schreibt, eine große Rolle. Und das ist eigentlich der anrührendste Teil der Geschichte, die sich über einen Zeitraum von knapp einem Jahr erstreckt, in dem die beiden sich langsam annähern, wieder aus den Augen verlieren, aber doch nie ganz vergessen können.

Je weiter ich in der Geschichte voran gekommen bin, umso mehr habe ich sie geliebt. Die Dialoge zwischen Jack und Annie sind so anrührend, so tief, so zu Herzen gehend, dass ich schließlich nur so durch die Seiten geflogen bin und das Buch schlussendlich mit einem tief geseufzten „Hach!“ beendet habe. Wer Geschichten mit eher leisen Tönen mag, der wird diesen Roman lieben. Und wer selbst gerne mal seine Gedanken zu Papier bringt, der findet im Buchanhang noch einen wunderschön gestalteten Notizbuchteil zum selber Ausfüllen – und zwar sowohl im gedruckten Buch als auch im eBook. Überhaupt ist das Buch ganz wunderbar gestaltet, Fotos davon gibt es beim o.g. link zum Buchladen Vaterstetten.