Caffè in Triest

Erstellt am 28.3.22. Kategorie: Buchrezensionen
„Caffè in Triest“
von Günter Neuwirth
Bewertung
★★★★★
Verlag Gmeiner
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen März 2022
Seiten 438
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Wenn alles klappt, dann kann ich mir diesen Frühsommer einen langgehegten Wunsch erfüllen und endlich nach Triest reisen. Schon lange wollte ich diese Stadt besuchen, die in der Grenzregion Italien – Österreich – Slowenien liegt und auf eine so bewegte Geschichte zurückblicken kann. Befeuert wurde mein Wunsch, dorthin zu reisen, u.a. durch den Roman „Die Tränen von Triest“ von Beate Maxian und den historischen Krimi „Dampfer ab Triest“ von Günter Neuwirth.

Letzterer war der erste Teil einer Trilogie rund um den Triestiner Kommissar Bruno Zabini, angesiedelt im Jahre 1907, und seit einem Jahr habe ich nun sehnsüchtig auf das Erscheinen von Band 2, „Caffè in Triest“, gewartet. So viel vorneweg: Meine hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht.

Diesmal herrscht in Triest große Aufregung, denn es steht die Jungfernfahrt von gleich zwei neuen Schiffen des Österreichischen Lloyd bevor und zu diesem Ereignis hat sich auch der österreichische Thronfolger nebst Gefolge angesagt. Bei der Polizei herrscht also höchste Alarmbereitschaft und da kommt es sehr ungelegen, dass wenige Tage vor dem Großereignis gleich zwei Leichen im Hafen von Triest gefunden werden.

Bruno Zabini hat indes auch noch private Turbulenzen zu bestehen: Schon seit Jahren unterhält er eine Liebesbeziehung mit gleich zwei verheirateten Frauen, nämlich mit Luise Dorothea Freifrau von Callenhoff und mit seiner Jugendliebe Fedora Cherini. Die beiden Frauen wissen voneinander und tolerieren sich. Die beiden betrogenen Ehemänner hingegen haben keine Ahnung von den Seitensprüngen ihrer Frauen, bis Fedoras Mann einen anonymen Hinweis erhält und dadurch der Liaison zwischen Fedora und Bruno auf die Schliche kommt. Es droht nicht nur ein großer Skandal, der Bruno den Job kosten könnte – wenn Fedoras Mann ihn zum Duell fordert, muss Bruno um sein Leben fürchten.

Parallel dazu wird die Geschichte von Jure Kuzmin erzählt, einem jungen ehrgeizigen Mann mit großen Plänen: Er will mitmischen im Kaffeehandel, der bis jetzt vor allem in der Hand von Großunternehmern ist, die ihren Rohkaffee aus Südamerika beziehen. Jure hingegen plant Kaffeeimporte aus dem afrikanischen Aden und ist mit seiner ersten Handelsreise sehr erfolgreich. Das wiederum ruft Neider auf den Plan.

Jure war mir auf Anhieb sehr sympathisch und deshalb habe ich quasi um sein Leben gebangt – schließlich handelt es sich bei der Geschichte ja um einen Krimi und ich wusste, dass da irgendwann in der Lektüre noch ein Verbrechen geschehen würde. Welcher Art das Verbrechen dann jedoch war, das hat mich doch überrascht und obwohl man als Leser diesmal von Anfang an wusste, wer der Täter war, so war es doch ausgesprochen spannend, zusammen mit der Polizei auf Spurensuche zu gehen.

Die Geschichte wird aus mehreren verschiedenen Perspektiven erzählt, was regelmäßig für Cliffhanger an den Kapitelenden sorgt. Neben dem wirklich spannenden Kriminalfall wird auch die Atmosphäre in Triest zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr anschaulich geschildert: Wenige Jahre vor dem Ersten Weltkrieg gehört Triest noch zu Österreich-Ungarn, doch es gibt nationalistische Strömungen, die Triest wieder unter italienischer Flagge sehen möchten. Die slowenische Bevölkerung wird von den italienischen Irredentisten als minderwertig angesehen, was für zusätzliche Spannungen sorgt. Politisiert wird vor allem in den großen bekannten Kaffeehäusern Triests, u.a. im Caffè Tomaseo und im Stella Polare – das sind zwei von unzähligen Kaffeehäusern, die auch auf meiner Besichtigungsliste stehen. Überhaupt spielt der Kaffeehandel eine wichtige Rolle im Buch, zumal Triest damals eine bedeutende Hafenstadt und Österreichs Zugang zum Mittelmeer war. So wurde ich bei der Lektüre nicht nur gut unterhalten, sondern habe auch wieder viel gelernt.

Übrigens: Es handelt sich hier zwar um den zweiten Teil einer Trilogie, aber meiner Meinung nach kann man dieses Buch auch sehr gut lesen, ohne Teil 1 zu kennen. Was man über Bruno Zabini wissen muss, bekommt man auch in diesem Band mit und der Kriminalfall ist ohnehin in sich abgeschlossen. Aber es lohnt sich, beide Bücher zu lesen, nicht zuletzt dank der wunderbaren Sprache und der herrlichen Atmosphäre, die beim Lesen so spürbar wird. Ich freue mich riesig, dass dieses Buch noch vor unserem Triest-Urlaub veröffentlicht wurde, quasi zur Einstimmung, und bin schon jetzt sehr gespannt auf den dritten Teil, der vermutlich Anfang 2023 erscheinen wird.

[Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]