Kaffee und Mee(h)r: Reise nach Triest und Grado

Erstellt am 30.9.22. Kategorie: Reiseberichte

Angeregt durch mehrere Romane („Die Tränen von Triest“, „Dampfer ab Triest“ und „Caffè in Triest“) stand diese oberitalienische Hafenstadt schon seit längerem auf meiner Reisewunschliste. Denn Triest hat eine spannende Geschichte und ist geprägt von vielen verschiedenen Einflüssen: Lange hat Triest zum Habsburger-Reich gehört und war Österreichs einziger Zugang zur Adria und somit zum Seehandel. Davon hat sich die Stadt bis heute einiges erhalten, allem voran die wunderschönen historischen Kaffeehäuser. In diesem Jahr haben wir uns diesen Reisetraum endlich erfüllt und natürlich stand der Besuch zahlreicher Kaffeehäuser ganz oben auf meiner Liste.

1. Tag: Triest – Canal Grande, Piazza Unità, Caffè degli Specchi, Piazza della Borsa

Als Unterkunft entschieden wir uns für eine Ferienwohnung, nicht zuletzt deshalb, weil wir zum Zeitpunkt der Buchung noch nicht wussten, wie sich die Corona-Situation wohl entwickeln würde, und in einer Ferienwohnung kann man sich dann halt doch ungezwungener bewegen als in einem Hotel. Unsere Wahl fiel auf die zentral gelegene Residenz „Le Terrazze“, die zwar eher spartanisch eingerichtet war, aber wir wollten dort ja nur übernachten und den Kühlschrank nutzen, aber nicht groß kochen. Das Highlight der Wohnung und der Grund, warum wir uns dafür entschieden haben, war die Dachterrasse mit einem genialen Blick über Triest, der uns selbst an unserem Ankunftstag, als es zunächst noch ein wenig genieselt hat, begeistern konnte:

Wir waren mit dem Auto angereist und erfreulich gut durchgekommen, so dass wir Triest schon am frühen Nachmittag erreicht hatten. So konnten wir schon bald zu einem ersten Erkundungsspaziergang aufbrechen. Unser Weg führte uns zunächst zum Canal Grande di Trieste mit der katholischen und der serbisch-orthodoxen Kirche und der berühmten Statue von James Joyce. Der irische Autor hat einige Jahre in Triest gelebt und dort sein Werk „Ulysses“ geschrieben.

Von dort waren es nur noch wenige Schritte entlang der Hafenpromenade bis zur Piazza dell’ Unità d’Italia, kurz Piazza Unità genannt. Es soll sich dabei um einen der größten Plätze Europas, die auf einer Seite zum Meer hin geöffnet sind, handeln. Gesäumt ist er von vielen Prachtbauten wie dem Rathaus und dem Gebäude des Lloyd Triestino, dem ehemaligen österreichischen Lloyd, und da hatte ich gleich den ersten Bezug zu den oben erwähnten historischen Romanen. Uns zog es aber nun vor allem in das berühmte „Caffè degli Specchi“, zu deutsch: Spiegelcafé:

Frisch gestärkt bummelten wir dann über die Piazza della Borsa, den Platz der Börse. Witzig: Auf einer Ansichtskarte, die ich an eine Freundin geschickt habe, wurde die Piazza della Borsa fälschlicherweise mit „Platz der Handtasche“ übersetzt, denn das italienische Wort „borsa“ kann auch „Handtasche“ bedeuten – eine Vokabel, die wir in diesem Urlaub noch häufig brauchten, denn ich hatte mir vorgenommen, eine schöne Handtasche als Urlaubsmitbringsel zu kaufen.
Zum Abendessen gingen wir ins „Benedetto“, ein Lokal, das uns zuvor auf dem Weg schon aufgefallen war. Hier haben wir nicht nur sehr gut gegessen, sondern wurden auch überaus freundlich empfangen und bedient. Generell war unsere Erfahrung in diesem Urlaub, dass man uns überall sehr, sehr freundlich begegnet ist. Auch meine Bemühungen, mich mit meinen inzwischen etwas eingerosteten Italienischkenntnissen verständlich zu machen, wurden überall sehr geduldig honoriert. Nach der Rückkehr in die Ferienwohnung genossen wir noch einmal den Blick auf den Hafen.

2. Tag: Triest – Caffè Stella Polare, Teatro Romano, Kathedrale, Castello di San Giusto

Neuer Tag, neues Schiff: Wie wir bald feststellen sollten, erwartete uns jeden Morgen ein neues Kreuzfahrtschiff im Hafen, das morgens an- und abends wieder ablegte. Erstaunlicherweise verteilten sich die Tagestouristen aber sehr gut in der Stadt, die insgesamt wenig touristisch wirkte. So hatte ich Mühe, überhaupt Ansichtskarten zu finden – und dann auch noch Briefmarken dazu! Aber dazu später mehr.

Den heutigen Tag begannen wir mit einem Frühstück im Caffè Stella Polare und das war gleich ein echtes Highlight, nicht nur wegen der leckeren Croissants mit Pistaziencremefüllung, sondern auch wegen des wunderschönen Ambientes:

Anschließend machten wir uns auf den Weg in die Antike bzw. zum römischen Amphitheater, das wohl im 1. oder 2. Jahrhundert n. Chr. erbaut wurde. Grundsätzlich ist Triest eigentlich nicht sehr groß, so dass man alles Sehenswerte gut zu Fuß erwandern kann. Allerdings gibt es dabei durchaus einige Steigungen zu überwinden und festes Schuhwerk für das viele Kopfsteinpflaster ist auf jeden Fall empfehlenswert. Auf dem weiteren Weg steil bergauf in Richtung Kathedrale und Burg kamen wir auch am Arco di Riccardo vorbei, ebenfalls ein Relikt aus römischer Zeit.

Schließlich erreichten wir die Kathedrale mit ihren schönen Mosaiken. Ähnlich wie bei uns zuhause bediente man sich wohl auch in Triest zu Corona-Zeiten eines Livestreams aus dem Gottesdienst, jedenfalls entdeckten wir eine Kamera im Mittelgang. Das heutige Gotteshaus wurde auf römischen Ruinen erbaut und so gibt es im Außenbereich der Kirche viele römische Ausgrabungen zu sehen.

Gleich neben der Kathedrale befindet sich das Castello di San Giusto. Von dort hat man nicht nur einen traumhaften Ausblick auf die benachbarte Kathedrale und auf die Stadt Triest, man kann auch tief eintauchen in die Geschichte der Stadt und im sog. Lapidarium alte Steintafeln, Reliefs und Skulpturen aus römischer Zeit besichtigen.

Nach so vielen alten Steinen zog es uns nun aber definitiv zum Meer und zu einer Rast in einem Lokal am Hafen. Fündig wurden wir in einer kleinen Bar mit Blick auf das Kreuzfahrtschiff – und auf die vielen Quallen, die sich im Wasser tummelten. Offenbar wurde Triest zu dieser Zeit gerade von einer regelrechten Quallenplage heimgesucht, deren Ursache nicht ganz klar war. Wir fanden den Blick ins Wasser auf jeden Fall schaurig und faszinierend zugleich.

Inzwischen waren wir aber doch ziemlich k.o. vom vielen Laufen, deshalb hielten wir eine Siesta in der Ferienwohnung und zogen erst abends wieder los. In einem netten kleinen Lokal unweit der Piazza Unità aßen wir zu Abend und bummelten anschließend noch ein wenig durch die Altstadt.

3. Tag: Triest – Antico Caffè San Marco, Scala dei Giganti, Post, Caffè Illy, Caffè Tommaseo

Neuer Tag, neues Schiff:

Unser heutiges Frühstückslokal ließ mein Herz definitiv höher schlagen, denn es handelt sich beim Antico Caffè San Marco nicht nur um ein wunderschönes über hundertjähriges Kaffeehaus, sondern zugleich auch um ein Buchgeschäft. Das alles in Verbindung mit einem leckeren Frühstück – was will man mehr?

Ich hätte hier ewig sitzenbleiben können, andererseits lockte das herrliche Wetter dann doch wieder nach draußen. Nach einem Bummel durch nette kleine Gassen erreichten wir die lärmende Hauptstraße und dort den Mercato Coperto, die Markthalle. Die war aber enttäuschend, denn zum einen ist sie architektonisch nicht besonders interessant, zum anderen war dort fast nichts los, nur wenige Stände waren geöffnet und die sahen nicht sehr einladend aus. Also kehrten wir auf die Straße zurück und bogen ab zur Scala dei Giganti, der Treppe der Riesen. Wer am Fuße der Treppe steht, kann sich gut vorstellen, wie sie zu diesem Namen gekommen ist! Der mühsame Aufstieg lohnt aber sehr, zum einen wegen der schönen Aussicht von oben, zum anderen wegen des oben angrenzenden „Parco della Rimembranza“, eines Parks zum Gedenken an die im Krieg Gefallenen der Stadt. Für uns war es vor allem eine willkommene Oase der Ruhe etwas oberhalb der lauten Hauptverkehrsstraßen.

Insgesamt waren wir heute etwas erschöpft vom vielen Herumlaufen und vom Verkehrslärm. Deshalb ließen wir es etwas ruhiger angehen und genossen den Nachmittag auf unserer schönen Dachterrasse:

Inzwischen hatte ich übrigens zwar endlich ein paar Ansichtskarten gefunden, aber keine Briefmarken dazu. Die bekommt man üblicherweise in Souvenirshops (sowas hab ich in Triest überhaupt nicht gesehen) oder in Tabakläden. Doch auch dort schüttelte man auf meine Nachfrage hin nur den Kopf und verwies mich an die Post. Glücklicherweise war die Hauptpost ganz in der Nähe unserer Ferienwohnung in einem alten Palazzo an der Piazza Vittorio Veneto untergebracht und der Besuch dort war definitiv ein Erlebnis. Zum einen wegen des schönen Gebäudes mit dem verglasten Dach, zum anderen wegen des Procederes, das mich an altertümliche Amtsstuben erinnerte: Wir mussten nämlich eine Nummer ziehen und warten, bis diese aufgerufen wurde. Ich kam mir etwas dämlich vor, wegen meiner paar Briefmarken dort das Amt zu bemühen, aber so war es eben. Schlussendlich bekam ich meine Briefmarken und die Ansichtskarten kamen auch alle innerhalb von wenigen Tagen bei ihren Empfängern an.

Wir hatten ja noch einige Kaffeehäuser auf unserer Liste stehen, daher führte uns der Weg nun zum Canal Grande und dort zum Caffè Illy. Die Kaffeefirma Illy hat ihren Sitz in Triest und betreibt dort einige Cafés, wovon die meisten aber nur recht schmucklose kleine Stehcafés sind. Es gibt auch ein Kaffeemuseum und einen Laden, in dem man die berühmten Illy-Sammeltassen erwerben kann. Die konnten wir aber auch im Kaffeehaus bewundern, nämlich als originellen Deckenschmuck:

Ansonsten fanden wir dieses Café aber nicht so toll. Die Bedienung war etwas arg lässig, so dass der halbe Kaffee beim Servieren überschwappte. Außerdem war mein Wasserglas schmutzig, aber als ich das freundlich reklamierte, bekam ich sofort ein neues, sauberes Glas. Trotzdem: Da hatte Triest doch einige weitaus lohnendere Kaffeehäuser zu bieten!

Eines davon ist das Caffè Tommaseo, in das wir nach einem Hafenbummel zu einem frühen Abendessen einkehrten. Dieses Café, das auch als Literatencafé bekannt ist, kam in einigen meiner oben erwähnten Romane vor, deshalb freute ich mich schon sehr auf den Besuch dort. Vor Ort stellten wir fest, dass ein Teil des Lokals noch für das Abendessen, für das wir zu früh dran waren, abgesperrt war. Aber auch im geöffneten Bereich konnte man nicht nur sehr schön sitzen, sondern bekam auch herzhafte Kleinigkeiten zu essen.

Als wir gerade wieder aufbrachen, hörten wir das nahe Tuten eines Schiffs und kamen gerade noch rechtzeitig zum nahe gelegenen Hafen, um das Kreuzfahrtschiff auslaufen zu sehen. Der Anblick erinnerte mich wirklich sehr an den historischen Roman „Dampfer ab Triest“, den ich mit so viel Begeisterung gelesen hatte. Auf unserer Dachterrasse nahmen wir dann noch einen kleinen Sundowner zu uns und ließen den Tag ganz entspannt ausklingen.

4. Tag: Triest – Antico Caffè Torinese, Muggia, Café James Joyce

Neuer Tag, neues Schiff:

Heute gingen wir zum Frühstück in das wunderschöne, ebenfalls über 100 Jahre alte Antico Caffè Torinese. Dort waren wir tatsächlich die einzigen Gäste, die sich an einem der Tische niederließen. Wie in Italien üblich, kamen einige Passanten, die im Stehen am Tresen ihren Espresso tranken, und auch „Coffee to go“ ist in der Stadt der schönen Kaffeehäuser längst etabliert. Da freuten wir uns doch umso mehr, dass wir Zeit hatten und entspannt das Treiben um uns her beobachten konnten!

Für heute hatten wir einen Schiffsausflug ins benachbarte Hafenstädtchen Muggia geplant. Dorthin kann man ganz prima mit den „Delfino Verde“-Schiffen fahren, die beinahe stündlich an der Mole nahe der Piazza Unità ablegen. Eine Hafenrundfahrt entlang des Industriehafens von Triest bekommt man sozusagen noch gratis mit dazu. Und das Wetter war perfekt für diesen Ausflug!

Schon auf den ersten Blick von der Hafeneinfahrt aus machte Muggia auf uns einen sehr hübschen und einladenden Eindruck:

Nachdem wir ein paar Meter gelaufen waren, sprach uns ein älterer Herr an und fragte, ob wir Italienisch können. Ein bisschen, antwortete ich, woraufhin er uns ganz begeistert von seiner Heimatstadt Muggia vorzuschwärmen begann und uns empfahl, unbedingt die Kirche anzuschauen und am Rathaus auf den venezianischen Löwen zu achten. Denn im Gegensatz zu Triest gehörte Muggia früher nicht zum Habsburger Reich, sondern zur Republik Venedig und darauf sind die Einwohner offenbar ganz besonders stolz. Wir freuten uns über den netten Plausch und befolgten natürlich den Rat des Herrn, uns das Rathaus und die Kirche anzuschauen. In dieser entdeckten wir noch eine Besonderheit: So wie man in anderen Kirchen häufig eine Krippe vorfindet, in der die Geburt Jesu dargestellt wird, so gibt es in Muggia eine mehrteilige Darstellung vom Kreuzweg. Sehr interessant!

Auch in Muggia gibt es ein altes Castello, das man aber leider nicht von innen besichtigen kann. Der Weg dorthin lohnt aber dennoch, weil er durch die hübschen alten Gassen führt und unterwegs immer wieder schöne Ausblicke auf den kleinen Hafen und in Richtung Triest bietet.

Am Hafen kehrten wir dann auch zum Mittagessen ein – schöner kann der Ausblick beim Essen wohl kaum sein, oder? Nachdem wir noch eine Runde entlang der Uferpromenade gedreht und eine Weile auf einer Bank gesessen und die Sonne genossen hatten, kehrten wir zurück nach Triest.

In der Stadt tranken wir noch einen Kaffee im Café James Joyce (das leider keine eigene Webseite hat, daher hier nur der link zu Google Maps). Fürs Abendessen wollten wir heute aber nicht mehr ausgehen, stattdessen genossen wir ein leckeres Mahl auf unserer Dachterrasse:

5. Tag: Triest, Schloss Miramare, Duino, Grado

Neuer Tag, neues… nein, heute kein neues Schiff! Aber auch so genossen wir nochmal den Ausblick, schließlich würden wir heute Triest verlassen und in Richtung Grado starten.

Nach dem Frühstück in einem eher unspektakulären Café um die Ecke machten wir uns auf den Weg zu unserem ersten Etappenziel: Schloss Miramare. Dieses Schloss kannte ich natürlich schon von Bildern und so malerisch, wie es auf einem Felsvorsprung an der Küste gelegen ist, konnten wir es sogar von unserer Dachterrasse in Triest aus sehen. Von Triest kommend, nähert man sich dem Schloss von Osten und wird schon vorher von der Küstenstraße in Richtung (gebührenpflichtigem) Parkplatz geleitet. Ich hatte mich aber vorher informiert, daher blieben wir noch auf der Hauptstraße, fuhren am Schloss vorbei und bogen erst danach in Richtung Grignano ab. Dort gibt es nicht nur einen zauberhaften Yachthafen, sondern auch einen kostenfreien Parkplatz und einen direkten Zugang zum Schlosspark. Dieser ist übrigens auch kostenfrei zugänglich, nur das Schloss selbst kostet Eintritt. Der Park ist wirklich einen Besuch wert, er ist wunderschön angelegt, hat sowohl formelle Bereiche mit symmetrisch angelegten Beeten und schönen Springbrunnen als auch englische Parklandschaften und Waldstücke und immer wieder traumhafte Ausblicke aufs Meer und auf das Schloss.

Schon von außen ist das Schloss wirklich prächtig anzusehen! Ich selbst bin da ja meist schnell zu begeistern, aber auch mein Mann war sehr beeindruckt.

Natürlich wollten wir uns das Schloss aber auch von innen ansehen. Und hier war ich besonders positiv überrascht, denn das Interior wirkte auf mich weniger formell als oftmals geradezu gemütlich. Vor allem die vergleichsweise modernen Badezimmer haben mich beeindruckt – ja, und natürlich die tolle Bibliothek! Nicht nur die österreichische Kaiserin Sisi war hier zu Besuch, wie auf einem Gemälde dargestellt ist. Auch der bayerische König Ludwig II. ist hier verewigt. Gebaut wurde das Schloss übrigens für Maximilian, den Bruder des österreichischen Kaisers. Der hatte allerdings nicht lange was davon, denn er wurde zum König von Mexiko ernannt, verließ das Schloss und wurde nur drei Jahre später in Mexiko erschossen. Seine Nachfahren haben das Schloss aber weiterhin bewohnt.

Nach der Besichtigung genossen wir noch einen Kaffee im Schlosspark, bevor wir uns wieder auf den Rückweg zum Auto machten. Unser nächstes Zwischenziel hieß Duino. Auch dort gibt es eine Burg, außerdem ist der Ort bekannt, weil der Dichter Rainer Maria Rilke einige Zeit dort verbracht hat. So gibt es dort auch einen Rilke-Spazierweg, der von Duino bis ins benachbarte Sistiana führt. Uns zog es zunächst zur Burg. Die ist in Privatbesitz, weshalb nur ein Teil zugänglich ist, der auch für Konzerte, Kongresse, Hochzeiten und andere Veranstaltungen genutzt wird. Vor allem vom Turm aus bietet sich ein fantastischer Ausblick in Richtung Osten bis nach Miramare und Triest und im Westen zur nahen Stadt Monfalcone und zur dahinter liegenden Lagunenlandschaft.

Auf dem Rückweg zum Parkplatz machten wir noch einen kurzen Abstecher zum Rilke-Spazierweg, aber ehrlich gesagt fehlte uns die Geduld für einen längeren Spaziergang. Uns zog es jetzt nach Grado und zu unserem Quartier für die nächsten Tage. Wir näherten uns unserem Ziel von Osten her und durchquerten dabei eine einzigartige Lagunenlandschaft, bevor wir den östlichen Ortsteil Grado Pineta erreichten. Hier befinden sich vor allem große Appartmenthäuser und auch ein riesiger Supermarkt, in dem wir gleich einen Stopp einlegten und uns für die kommenden Tage eindeckten. Dann fuhren wir weiter in Richtung Altstadt, denn an deren Rand lag unsere Unterkunft, die Villa Marina. Dort wurden wir sehr freundlich begrüßt und bekamen ein wunderschönes Appartment mit einem herrlichen Blick auf den Strand und das Meer.

Nachdem wir ausgepackt und uns ein wenig frisch gemacht hatten, brachen wir auf zu einem ersten Erkundungsspaziergang durch die Altstadt:

Grado ist auf der einen Seite sehr touristisch mit schönen flach abfallenden Stränden und entsprechenden Strandbädern, hat aber auf der anderen Seite auch noch einen Fischerhafen und eine historische Altstadt mit unzähligen kleinen Gässchen, in denen man sich ganz wunderbar verlieren kann. Ich war auf Anhieb verzaubert von diesem hübschen Ort. Unser erstes Abendessen nahmen wir in einer Trattoria auf einer kleinen Piazza mitten in der Altstadt ein, bevor wir schließlich müde und randvoll mit neuen Eindrücken ins Bett fielen.

6. Tag: Grado – Altstadt, Kirche Sant’ Eufemia

Frühstück mit Blick aufs Meer – so dürfte gerne jeder Tag beginnen! Voller Unternehmungslust brachen wir anschließend auf, um die Altstadt ganz in Ruhe zu erkunden.

Auch in Grado gibt es Ausgrabungen aus grauer Vorzeit, in diesem Fall handelt es sich um die Reste einer frühchristlichen Basilika. Nur wenige Schritte weiter befinden sich zwei noch erhaltene frühchristliche Kirchen, die Basilika Santa Maria delle Grazie und die Basilika Sant’ Eufemia. Letztere hatten wir schon am Vorabend besuchen wollen, doch dort wurde gerade ein Rosenkranzgebet abgehalten, da wollten wir nicht stören. Heute war die Kirche dafür voller Touristen, die wie wir das imposante Kirchenschiff mit den wunderbar erhaltenen Mosaikböden bestaunten. Zwischen Kirche und Baptisterium gab es im Freien noch ein Lapidarium – wir hatten ja schon in Triest gelernt, was das ist.

Ansonsten ließen wir es heute ruhig angehen. Unser Plan war: gut essen, am Strand spazierengehen und das Leben genießen… genau das haben wir dann auch gemacht. Besonders erwähnenswert: die Linguine mit Pistazienpesto, mmmmh!

7. Tag: Aquileia, Palmanova, Cividale del Friuli, Udine

Heute war wieder ein Ausflugstag angesagt. Erstmals verließen wir Grado in nördliche Richtung und das war durchaus aufregend, denn die Straße verläuft auf einem kilometerlangen Damm mitten durch die Lagune:

Unser erstes Ziel war das wenige Kilometer nördlich der Lagune gelegene Aquileia. Die Stadt ist römischen Ursprungs und heute geprägt von den verschiedenen Ausgrabungsstätten, in denen die Überreste der damaligen römischen Stadt erforscht werden. Hauptanziehungspunkt für die Touristen ist aber die Basilika Santa Maria Assunta, in der sich das bedeutendste frühchristliche Fußbodenmosaik Italiens aus dem frühen 4. Jahrhundert n. Chr. befindet. Die Kirche gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ein Grund, warum die beinahe zweitausend Jahre alten Mosaike heute noch so gut erhalten sind, dürfte der zweite Fußboden sein, der im Mittelalter darüber gezogen wurde. Das ist an einigen Stellen gut zu sehen. Ein wirklich beeindruckender Besuch!

Unser nächstes Ziel war die etwas weiter nördlich gelegene Stadt Palmanova. Das Besondere an dieser Stadt ist bei einem Blick auf die Landkarte oder das Navi sofort ersichtlich: ihr sternförmiger Grundriss.

Laut meinem Reiseführer wurde die Stadt im 16. Jahrhundert als Planstadt angelegt, aber niemand wollte dort wohnen, weshalb man sogar Strafgefangene begnadigt hat, mit der Auflage, künftig dort zu leben. Von dieser ablehnenden Stimmung war heute nichts mehr zu spüren. Gerade in der Mittagshitze wirkte die Stadt ausgesprochen friedlich. Wir fanden ohne Mühe einen Parkplatz und setzten uns in ein nettes Café auf der riesigen Piazza Grande.

Ein witziges Erlebnis: Als wir auf den Platz traten, kam uns eine Frau entgegen, die uns aus irgendeinem Grund auffiel: stark geschminkt, Stöckelschuhe… irgendwie wirkte sie hier fehl am Platz. Während wir auf der Caféterrasse saßen, sahen wir die Frau wieder: sie umrundete den Platz mehrfach, allein dreimal, während wir sie beobachteten, vielleicht vorher auch schon mehrere Male, wer weiß. Dann betrat sie die Kirche. Als wir geraume Zeit später das Café verließen und ebenfalls die Kirche besuchten, sahen wir die Frau noch immer dort in einer Kirchenbank sitzen. Ob sie wohl aus Buße für irgendeine Sünde mehrmals in Highheels den Platz umrundet und dann in der Kirche gebeichtet hat? Unsere Fantasie kannte jedenfalls keine Grenzen.

Gut gestärkt ging unsere Fahrt weiter nach Cividale del Friuli. Hier sei vor allem die Teufelsbrücke sehenswert, so mein Reiseführer. Und er hat Recht: Es war wirklich beeindruckend, oberhalb der Brücke zu stehen und in das klare Wasser des Flusses Natisone hinunter zu sehen. Die Brücke verdankt ihren Namen einer Sage, wonach der Teufel sie gebaut habe, um den Bürgern die Überquerung des reißenden Flusses zu ermöglichen. Als Lohn dafür sollte der Teufel die Seele desjenigen bekommen, der die Brücke als erster benutzt. Die Bürger jagten deshalb als erstes einen Hund über das Bauwerk.
Wir haben die Brücke furchtlos überquert und festgestellt, dass Cividale auch jenseits der Brücke einen Besuch wert ist: nette Gässchen, hübsche Piazze, einladende Lokale, historische Bauten… und über allem lag eine herrliche Ruhe.

Ganz anders an unserem nächsten Ziel, der Großstadt Udine, die bis 2018 Hauptstadt der gleichnamigen Provinz war, die dann jedoch aufgelöst wurde. Heute gehört Udine zur Provinz Friaul-Julisch Venetien, deren Hauptstadt Triest ist. Ich muss gestehen, ich hatte von Udine gar keine richtige Vorstellung, am ehesten dachte ich, dass uns dort monumentale Prachtbauten erwarten werden. Daher war ich positiv überrascht von der sehr gemütlichen, entspannten Atmosphäre der Stadt. Aber Prachtbauten gibt es natürlich auch, zum Beispiel die Loggia del Lionello und den Uhrturm der Loggia di San Giovanni, beide an der Piazza Libertà gelegen.

Hingegen erinnerte mich die Piazza San Giacomo eher an die Toskana. Und in der ausgedehnten Fußgängerzone ließ es sich sehr gut bummeln – viel schöner als in Triest, wo die Fußgängerzone immer nur wenige Meter von einer Ampelkreuzung bis zur nächsten reicht.

Wir kehrten im Caffè Hausbrandt an der schönen Piazza ein und machten dann einen ausgedehnten Bummel durch die Stadt und hier vor allem durch die Lederwarengeschäfte, denn ich war noch immer auf der Suche nach einer schönen Handtasche als Mitbringsel – dass ich dabei sehr genaue Vorstellungen hatte, machte die Sache nicht einfacher. An dieser Stelle ein großes Kompliment an meinen Mann, der meine Suche geduldig mitmachte und mittlerweile genauso gut wie ich auf Italienisch nach einer großen braunen Handtasche fragen kann 😉

Fündig wurden wir trotzdem nicht und so beschlossen wir, auf dem Heimweg noch einen Abstecher ins Outlet Center Palmanova Village zu machen, das mich optisch sehr an das Ingolstadt Village in Bayern erinnert hat. Auch dort fand ich nicht das, was mir vorschwebte, dafür machten wir auf dem Weg dorthin noch eine andere Entdeckung: Weil wir uns verfahren hatten, kamen wir durch den kleinen Ort Aiello del Friuli, der an sich zwar nett, aber nichts Besonderes wäre, gäbe es dort nicht an beinahe jedem Haus eine Sonnenuhr. Aus dem Auto heraus konnte ich die leider nicht fotografieren, aber auf Google Maps sieht man einige schöne Beispiele. Auf dem Rückweg machten wir noch einmal in Aquileia Halt zum Abendessen.

8. Tag: Grado

Heute war Markttag in Grado, also bummelten wir am Strand entlang bis zum Parco delle Rose, wo der Markt begann und sich dann kilometerweit nach Osten erstreckte. Und hier wurde ich endlich fündig und fand gleich zwei Handtaschen, die mir gut gefielen. Mit ein bisschen Handeln bekam ich beide zusammen für einen Preis, der in Udine gerade mal für eine Tasche gereicht hätte, wenn überhaupt. Ein paar weitere Mitbringel für unsere Lieben daheim haben wir natürlich auch noch erstanden.

Somit kehrten wir zufrieden zur Siesta in unsere Ferienwohnung zurück und verließen sie erst am späten Nachmittag wieder in Richtung Strand. Welch Überraschung: Das Wasser war weg! Mir war zuvor nicht bewusst, dass man die Gezeiten in Grado so deutlich sieht, von früheren Adriaurlauben hatte ich daran keine Erinnerung. In Grado fallen die Strände aber auch besonders flach ab, vielleicht merkt man die Ebbe deshalb so deutlich. Jedenfalls kam ich mir vor wie an der Nordsee, nur deutlich wärmer!

Es war unser letzter Abend, deshalb gönnten wir uns heute noch einen Aperitiv in einer Strandbar, bevor wir zum Abendessen aufbrachen. In der Pizzeria „In Stralonga“ gefiel es uns nicht nur optisch ausnehmend gut, auch die Pizza war sehr lecker, besonders die mit gehackten Pistazien drauf.

Unser letzter Abend… nun machte sich langsam etwas Wehmut breit. Bei mir hatte nun die dringend benötigte Erholung nach aufreibenden Wochen gerade erst begonnen, ich war definitiv noch nicht bereit, schon wieder nach Hause zu fahren. Ein letztes Mal bummelten wir über die Diga, die schöne Uferpromenade, und genossen dort den Sonnenuntergang:

9. Tag: Heimreise

Noch einmal fuhren wir über den Damm quer durch die Lagune, diesmal in Richtung Autobahn.

Anders als auf der Hinfahrt blieben wir diesmal aber nicht lange auf der Autobahn, die von Udine über Villach quer durch Österreich bis nach Salzburg führt, sondern verließen die Autobahn noch in Italien wieder, um über Landstraßen quer durch die Alpen weiter zu fahren. Diese Strecke ist zwar über 100 km kürzer und kostet weniger Maut, dafür ist man aber mindestens genau so lange unterwegs, weil man deutlich langsamer fahren muss, vor allem auf den Passstraßen. Der Plöckenpass war jedoch wirklich beeindruckend und wir waren positiv überrascht, an seiner Spitze ein Windrad zu sehen. Etwas später machten wir Rast nahe eines Soldatenfriedhofes, der an den Gebirgskrieg von 1915-1918 erinnerte.

Die Route führte weiter durch Kärnten und Tirol, vorbei am Großglockner und nach Kitzbühel, wo wir nochmals einen kurzen Stopp einlegten. Kurz danach ging es auf die Autobahn Kufstein – München und am frühen Abend waren wir wieder zuhause bei unseren Jungs. Ein sehr schöner, erlebnisreicher Urlaub war zu Ende. Rückblickend muss ich sagen, dass mir Grado sogar noch ein wenig besser gefallen hat als Triest und das liegt tatsächlich daran, dass es dort ein wenig touristischer war. Dadurch gab es mehr Fußgängerzonen, mehr Gelegenheiten für einen Schaufensterbummel und viele besonders hübsch herausgeputzte Lokale. Andererseits kann Triest natürlich mit den tollen Kaffeehäusern punkten – warum haben wir so etwas eigentlich nicht in München? Ich wäre da Stammgast!

Auf Grado hatte ich mich schon zuhause literarisch eingestimmt: Zunächst mit zwei Feelgood-Romanen, u.a. mit „Das Glitzern in der Lagune“, und im Anschluss daran mit der Grado-Krimireihe von Andrea Nagele, deren erste drei Bände ich noch vor unserem Urlaub verschlungen hatte. Den vierten Band habe ich dann direkt vor Ort gelesen und die Folgebände stehen seitdem auf meiner Merkliste. Vielleicht sollte ich sie jetzt bald mal lesen, um mich dabei an meinen Sehnsuchtsort zu erinnern.

Eine Erinnerung an Triest bekam ich übrigens vor kurzem im Reiseteil des Münchner Merkur serviert:

Allerdings ist den Redakteuren dort bei der Bildunterschrift ein kleiner Fehler unterlaufen, denn bei dem abgebildeten Café handelt es sich nicht um das Tommaseo, sondern um das Antico Caffè Torinese – Kenner wie wir wissen das 😉