Die Tränen von Triest

Erstellt am 3.12.19. Kategorie: Buchrezensionen
„Die Tränen von Triest“
von Beate Maxian
Bewertung
★★★★☆
Verlag Heyne
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen November 2019
Seiten 431
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

Vor einem knappen Jahr habe ich Beate Maxians Roman „Die Frau im hellblauen Kleid“ gelesen, das mir damals sehr, sehr gut gefallen hat. Umso größer war die Freude, als ich erfuhr, dass die Autorin an einem neuen Roman schreibt, der diesmal in Triest angesiedelt ist. Denn Triest steht schon lange auf meiner Reisewunschliste: Die Stadt mit den vielen historischen Kaffeehäusern, die geprägt ist von Einflüssen aus Italien, Österreich und Slowenien und durch die Lage zwischen Bergen und Meer, will ich unbedingt noch besuchen.

Kein Wunder also, dass ich mich auf den Roman freute. Dieser spielt auf zwei Zeitebenen: In der Gegenwart wird die Geschichte von Johanna Silcredi aus Wien erzählt, die ihrem Opa Bernhard einen großen Wunsch erfüllen will, nachdem dieser einen Schwächeanfall hatte und Johanna bewusst wird, dass er immerhin schon weit über 90 Jahre alt ist und wohl nicht mehr lange zu leben hat. Bernhard wurde von seiner Mutter Afra alleine großgezogen. Sie hat ihm erzählt, sein Vater sei ihre große Liebe Alfred Herzog gewesen. Doch Bernhard weiß, dass das rein rechnerisch nicht stimmen kann: Er wurde 1925 geboren, Alfred ist jedoch schon 1917 während des Ersten Weltkriegs gestorben. Als Bernhard erfährt, dass die Villa in Triest, in der Afra aufgewachsen ist, mittlerweile ein Hotel beherbergt, bittet er Johanna, dort eine Woche Urlaub zu machen und dabei Nachforschungen anzustellen. Er will unbedingt auf seine alten Tage noch herausfinden, wer sein wirklicher Vater war.

Also macht Johanna sich auf den Weg und stößt in der Villa auf großes Entgegenkommen. Hotelier Luca zeigt ihr die alten Pläne der Villa und seine Oma hat eine noch viel größere Überraschung für Johanna: Sie hat ein altes Manuskript verwahrt, das Afra einst geschrieben hat. Wie sich herausstellt, hat Afra darin ihr Leben in den Jahren von 1914 bis 1917 erzählt. Sie schildert ihr Familienleben und ihre große Liebe zu Alfred Herzog. Die beiden verloben sich, malen sich ihr Leben in den schönsten Farben aus, überlegen sich sogar schon einen Namen für ihr erstes gemeinsames Kind – doch dann kommt der Krieg und er nimmt Afra nicht nur ihren Bruder, sondern auch den Geliebten, ein Verlust, den sie nie mehr verwindet.

Durch Zufall halten sich in Johannas Hotel auch Charlotte von Uhlrich und ihre Enkelin Ina aus Hamburg auf. Charlotte ist die Nichte von Adelheid, die wiederum einst eine Brieffreundin von Afra war, die beiden Familien waren geschäftlich miteinander verbunden und bis heute hat die Familie von Uhlrich geschäftliche Beziehungen nach Triest. Tatsächlich kann Charlotte ein paar Puzzleteile zu Johannas Suche beisteuern und so taucht Johanna immer tiefer ein in die wechselvolle Geschichte ihrer Vorfahrin, die eng verknüpft ist mit der Geschichte Triests zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Doch auch die Gegenwart hält einige Aufregungen für Johanna parat.

Es war durchaus spannend, Johanna bei ihrer Spurensuche zu begleiten. Über die Geschichte Triests, das einst zum kaiserlichen Österreich gehörte und nach dem Krieg Italien zugeschlagen wurde, weiß ich leider viel zu wenig. Deshalb hätte ich es sehr begrüßt, wenn am Ende des Romans eine Zeittafel mit den geschichtlichen, für die Region relevanten Ereignissen ein wenig Aufklärung gebracht hätte. Ebenso hätte ich im Anhang gerne eine Ahnentafel gehabt, denn zeitweise blickte ich überhaupt nicht mehr durch bei den Verwandtschaftsverhältnissen der Familien Silcredi, von Uhlrich und Herzog. Letztlich habe ich mir diese Ahnentafel dann selber geschrieben, was mir die weitere Lektüre sehr erleichtert hat.

Ganz so packend wie „Die Frau im hellblauen Kleid“ fand ich „Die Tränen von Triest“ leider nicht, ich konnte einfach nicht ganz so sehr mit Johanna mitfiebern und das Ende der Geschichte war zwar sehr berührend, aber mir persönlich fast schon ein wenig zu sehr „Friede, Freude, Eierkuchen.“ Ganz wunderbar fand ich aber die Schilderungen von Triest damals und heute, da habe ich viele Anregungen für einen künftigen Urlaub bekommen – zu schade, dass es die Villa, in der Johanna übernachtet, nicht wirklich gibt. Falls also jemand einen Hoteltipp für mich hat…?

Schließen möchte ich mit einem Zitat aus dem Roman, das mich sehr berührt hat:
„Erinnerungen sind eine lebensnotwendige Konstante in unserem Leben (…). Deshalb sollten wir in jede ein Stück Glück verpacken. So wie man einen Diamanten in eine Schatulle legt. Bei Bedarf wickelt man diese Kostbarkeit aus und freut sich an dem Anblick.“ (Charlotte von Uhlrich).