Das Inselmädchen

Erstellt am 5.8.22. Kategorie: Buchrezensionen
„Das Inselmädchen“
von Sina Beerwald
Bewertung
★★★★★
Verlag Droemer Knaur
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen April 2022
Seiten 475
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Dies ist nun der Abschluss der Sylt-Saga von Sina Beerwald, die im Jahr 1913 mit „Die Strandvilla“ begonnen und in den 1920er Jahren mit „Das Dünencafé“ fortgesetzt wurde. In den letzten Tagen konnte ich diesen dritten Teil kaum mehr aus der Hand legen und tja, was soll ich sagen? Ich fand ihn schrecklich – schrecklich beklemmend, schrecklich spannend, schrecklich wichtig und letztlich auch schrecklich gut.

Wieso schrecklich? Nun, der dritte und letzte Teil der Saga spielt in den Jahren 1931 bis 1945, das sagt eigentlich schon alles, oder? Denn leider macht der Nationalsozialismus auch vor der vermeintlich so beschaulichen Insel Sylt nicht Halt, ganz im Gegenteil: Wie die Autorin in ihrem Nachwort ausführt, hatten die Nazis dort sogar besonders großen Zulauf, denn die Wirtschaft lag Ende der 1920er Jahre am Boden, die Übernachtungszahlen gingen dramatisch zurück und Hitler versprach Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Aufschwung.

Tatsächlich kommen dank des „Kraft durch Freude“-Programms endlich wieder mehr Gäste auf die Insel, doch zu welchem Preis? Jüdische Stammgäste der Strandvilla fühlen sich hier nicht mehr wohl und werden schließlich sowieso nicht mehr geduldet, auch wenn Moiken sich heftig gegen diese Regelung wehrt. Doch ihr eigener Mann Adam wird sogar Ortsgruppenleiter der NSDAP und macht damit nicht nur Moiken, sondern vor allem ihrer älteren Tochter Emma das Leben zusätzlich schwer, so dass auch das Verhältnis zwischen Moiken und Emma immer weiter zerrüttet wird.

Doch auch Moikens jüngere Tochter Frieda, die Adam einst liebte wie einen eigenen Vater, bekommt zu spüren, wie sehr ihr Stiefvater sich gewandelt hat. Niemand ahnt, dass Adam ein gefährliches Geheimnis hütet. Ein Geheimnis hütet aber auch Frieda, die sich in einen Mann verliebt hat, den Moiken für sie als unpassend erachtet. Dabei hat Moiken selbst ihr ganzes Leben lang darunter gelitten, dass sie nicht ihrem Herz, sondern ihrer Vernunft gefolgt ist. Wie viel wäre in ihrem Leben wohl anders verlaufen, wenn sie damals ihre große Liebe Boy Lassen geheiratet hätte? So nimmt das Schicksal seinen Lauf und hält für die Familie viele dramatische Wendungen und schreckliche Erlebnisse parat.

So spannend der Roman auch war, so musste ich beim Lesen doch immer wieder ganz bewusst Pausen einlegen, um das Gelesene sacken zu lassen, so schrecklich waren die geschilderten Ereignisse. Und auch wenn es sich dabei um fiktive Protagonisten handelt, so ist die Geschichte doch eingebettet in reale Ereignisse dieser Zeit – und das macht den Roman bei allem Grauen so wichtig, denn leider gibt es immer weniger Zeitzeugen, die aus erster Hand von den Schrecken der Nazi-Zeit berichten und davor warnen können. Deshalb braucht es Romane wie diesen, die die Erinnerung wach halten und beim Lesen die Überzeugung stärken, dass so etwas nie, nie wieder passieren darf!

Ich habe beim Lesen mit Moiken, Emma, Frieda und all den übrigen Figuren, die mir im Laufe der Trilogie ans Herz gewachsen sind, sehr mitgelitten. Zum besseren Verständnis der Handlung empfiehlt es sich aber unbedingt, die drei Romane der Reihe nach zu lesen und nicht erst mit Band 3 einzusteigen. Etwas irreführend finde ich persönlich den Buchtitel und das liebliche Cover, die eher einen locker-leichten Sommerroman vermuten lassen als eine so beklemmende Geschichte.

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