Die Strandvilla

Erstellt am 1.8.22. Kategorie: Buchrezensionen
„Die Strandvilla“
von Sina Beerwald
Bewertung
★★★★★
Verlag Droemer Knaur
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen März 2020
Seiten 459
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Von Sina Beerwald habe ich vor Jahren die rasante, ungewöhnliche Weihnachtsgeschichte „Hauptsache, der Baum brennt“ gelesen und war begeistert. Doch die Autorin kann auch Krimis und – wie hier – historische Romane. Bei „Die Strandvilla“ handelt es sich um den Auftakt zu einer Trilogie, die auf der Insel Sylt und in Berlin in den Jahren 1913/14 (1. Teil), in den 1920er Jahren (2. Teil) und ab dem Jahr 1931 (3. Teil) spielt.

Hauptfigur ist die junge Moiken, die mit ihrer halbwüchsigen Tochter Emma in Keitum auf Sylt lebt. Ihr Mann ist Seefahrer und ausgerechnet an Weihnachten 1912 erfährt Moiken, dass ihr Mann auf See ums Leben gekommen ist. Ihre Schwiegermutter, mit der sie noch nie gut ausgekommen ist, wirft sie aus dem Haus, denn sie hat Zweifel, ob Emma überhaupt die Tochter ihres Sohnes ist oder nicht doch eher das Produkt einer einzigen leidenschaftlichen Nacht, die Moiken kurz vor ihrer Hochzeit mit ihrer großen Liebe Boy Lassen verbracht hat. Moiken weiß selbst nicht, wer der Vater ihrer Tochter ist und hat, um Emma zu schützen, nie darüber gesprochen.

Doch nun steht sie buchstäblich vor dem Nichts. Rettung in letzter Minute kommt durch den Hotelbesitzer Theodor von Lengenfeldt, der für seinen Silvesterball dringend eine Kuchenbäckerin braucht und von Moikens Talent auf diesem Gebiet gehört hat. Theodor fühlt sich sofort zu Moiken hingezogen und auch sie ist von seinem Werben geschmeichelt. Außerdem bietet er ihr Sicherheit und Komfort, was Moiken nicht zuletzt wegen ihrer Tochter wichtig ist.

Also beginnen Moiken und Emma ein neues Leben in Westerland, doch dort begegnen sie Boy Lassen wieder, als Emma ausgerechnet bei ihm eine Lehre als Fotografin beginnt. Die Anziehungskraft zwischen Boy und Moiken ist ungebrochen, doch wie schon damals, kurz vor ihrer Hochzeit, traut Moiken sich nicht, zu ihren Gefühlen zu stehen, zu viel spricht gegen eine Beziehung zu Boy – nicht zuletzt Theodor, der rasend eifersüchtig ist.

Boy will schließlich frustriert die Insel verlassen und sein Glück in Berlin versuchen. Und Emma, die inzwischen die Wahrheit über ihre Herkunft herausgefunden hat, will mit. Moiken hingegen will unbedingt auf Sylt bleiben, denn nur hier kann sie ihren Traum von ihrem eigenen Café in den Dünen verwirklichen. Es kommt zum Bruch zwischen Mutter und Tochter, ein Missverständnis jagt das nächste. Und all das vor der Kulisse des drohenden Großen Krieges, der immer näher rückt, wovor Theodor aber hartnäckig die Augen verschließt, bis es schließlich zu spät ist…

Moikens Schicksal hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen und so habe ich manche Nacht durchgelesen, bis ich das Buch schließlich beendet hatte – nur um dann gleich mit Band 2, „Das Dünencafé“, weiter zu machen. Nicht immer konnte ich Moikens Handlungen nachvollziehen, aber man muss bedenken, in welcher Zeit sie gelebt hat, da war es um die Frauenrechte noch sehr armselig bestellt. Emma hingegen verhält sich wie ein pubertierender Teenager, der sie ja auch ist, und kämpft mit allen Mitteln darum, sich von ihrer Mutter abzunabeln, während diese nicht loslassen will. Nun bin ich gespannt, wie sich das Verhältnis der beiden im weiteren Verlauf der Geschichte entwickelt.

Beim Lesen bekommt man zudem einen sehr guten Einblick in das Leben auf Sylt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als die Sommerfrische gerade erst in Schwung kam und die tägliche Badezeit im Meer noch auf acht (!) Minuten beschränkt war. Die Anreise war damals höchst beschwerlich, den Hindenburgdamm gab es noch nicht, die Badegäste kamen mit dem Zug bis zum Hafen auf dem Festland, setzten dann per Schiff auf die Insel über und bewegten sich dort mit der Inselbahn weiter – von der die Einheimischen sagten, sie gingen lieber zu Fuß, wenn sie es eilig hätten 😉 Die Inselbahn gibt es längst nicht mehr, anderes – wie z.B. die Kurpromenade in Westerland – existiert heute noch. So konnte ich beim Lesen auch in Erinnerungen an unseren eigenen Sylt-Urlaub vor einigen Jahren schwelgen.

Fazit: Ein sehr spannender Roman mit viel Sylt-Flair vor historischem Hintergrund.

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