Das Dünencafé

Erstellt am 3.8.22. Kategorie: Buchrezensionen
„Das Dünencafé“
von Sina Beerwald
Bewertung
★★★★★
Verlag Droemer Knaur
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen März 2021
Seiten 525
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Nachdem ich den historischen Roman „Die Strandvilla“ beendet hatte, habe ich direkt mit der Fortsetzung, „Das Dünencafé“, weitergemacht. Die Geschichte beginnt im November 1918, der Erste Weltkrieg ist gerade zu Ende und die Menschen hoffen auf bessere Zeiten. Auch auf Sylt hoffen die Insulaner, dass bald wieder Sommerfrischler kommen, sie beginnen voller Eifer mit dem Wiederaufbau. Doch erstmal kommen die Revolutionäre, dann verhindert die Inflation, dass der Tourismus wieder in Schwung kommt. Harte Zeiten für Moiken und ihr Hotel „Strandvilla“, von ihrem Lebenstraum, dem Café in den Dünen, ganz zu schweigen.

Hoffnung verspricht ein aufsehenerregendes Großbauprojekt: der Bahndamm über das Wattenmeer vom schleswig-holsteinischen Festland bis nach Westerland auf Sylt. Die Insulaner sind gespalten: Während sich die einen von dem Bau den lange ersehnten Aufschwung erhoffen, haben die anderen Angst vor der Veränderung, zudem befürchten sie Auswirkungen auf die Natur durch veränderte Strömungen im Bereich des Bahndamms. Mit dem Bau des Damms wird Adam von Baudissin beauftragt, den Moiken schon kurz vor dem Krieg in ihrem Dünencafé kennengelernt hat. Sie freut sich über das Wiedersehen, umso mehr, als Adam in der Strandvilla sein Quartier aufschlägt und die beiden sich langsam näher kommen.

Kummer bereitet ihr hingegen ihre ältere Tochter Emma, die nach wie vor bei ihrem Vater Boy in Berlin lebt. Die beiden haben den Krieg mehr schlecht als recht überlebt, Boy hat dabei ein Bein eingebüßt und schämt sich vor Moiken. Auch Emma mag nicht zugeben, in welch ärmlichen Verhältnissen sie leben, wohlwissend, dass Moiken sie dann sofort nach Sylt zurückholen würde, wo ihr doch das Leben in der Großstadt so gut gefällt. Andererseits träumt sie noch immer davon, ihre Eltern wieder zusammen zu bringen. So schickt sie ihrer Mutter schließlich doch ein Telegramm und bittet sie, nach Berlin zu kommen – mit fatalen Folgen, denn es ist Winter und der Schiffsverkehr eingestellt, weshalb Moiken sich kurzerhand zu Fuß auf den Weg über das vereiste Wattenmeer macht…

Dies ist nur eines von vielen dramatischen Ereignissen in der Geschichte. Der Titel „Das Dünencafé“ ist meines Erachtens ein wenig irreführend gewählt, denn eigentlich geht es im Roman am wenigsten um das Café, sondern vor allem um den Bau des Hindenburgdamms. Wie die Autorin im Nachwort erläutert, hat es Adam von Baudissin in Wirklichkeit zwar nicht gegeben, aber sonst ist die Geschichte sehr nah an den tatsächlichen Ereignissen rund um den Dammbau angelegt, inklusive der verheerenden Sturmflut, die kurz nach Baubeginn erstmal alle Hoffnungen zunichte machte. Viele Diskussionen gab es damals auch über die Arbeitsbedingungen für die bis zu 1500 Bauarbeiter, die dort beschäftigt waren, auch das ist ein wichtiges Thema im Buch.

Was die Figur der Moiken angeht, bin ich wie schon im ersten Teil der Trilogie sehr zwiegespalten. Einerseits tritt sie als weibliche Hotelchefin – ungewöhnlich für die damalige Zeit – sehr selbstbewusst und entschieden auf, andererseits tappt sie in Sachen Ehe recht naiv und auch reichlich sturköpfig wieder in genau die gleiche Falle wie schon im ersten Band. Auch ihr Verhalten ihren Töchtern gegenüber hat bei mir so manches Kopfschütteln ausgelöst, aber wieder einmal musste ich mir selbst dann sagen: Es waren andere Zeiten. Dahingegen waren mir ihre beiden Töchter Emma und die jüngere Frieda auf Anhieb sympathisch und sind es auch geblieben. Nun lese ich gleich mit Teil 3, „Das Inselmädchen“, weiter, in dem es laut Klappentext vorrangig um Frieda geht. Ich bin gespannt!

Nach der Lektüre des Romans wollte ich noch mehr über den Bau des Hindenburgdamms wissen. Erste Infos dazu liefert der entsprechende Wikipedia-Artikel, auf dem außerdem auf eine private Webseite verwiesen wird, die auch die Autorin in ihrem Nachwort erwähnt hat. Ich habe dank des Romans also wieder mal viel gelernt 🙂

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