Inside Vogue

Erstellt am 14.11.22. Kategorie: Buchrezensionen
„Inside Vogue“
von Nina-Sophia Miralles
Bewertung
★★★☆☆
Verlag Atlantik
Buchform gebunden, eBook
Erschienen September 2022
Seiten 416
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Die Zeitschrift Vogue feiert in diesem Jahr ihr 130-jähriges Bestehen, gerechnet ab dem ersten Erscheinen der amerikanischen Ausgabe. Inzwischen gibt es weitere Ausgaben in unzähligen Ländern der Welt, dazu Onlineausgaben und die Vogue ist längst zu einer Marke geworden. Zwar habe ich selbst bisher nur wenige Exemplare der Zeitschrift gelesen, doch dieses Buch, das ich bei einer Verlosung von genialokal gewonnen habe, hat mich aus journalistischer Sicht dennoch sehr interessiert.

Die Autorin erzählt darin von den Anfängen im New York des ausgehenden 19. Jahrhunderts, als dort noch streng zwischen altem Geld und neuem Geld unterschieden wurde. Schnell wurde die Vogue zur Lektüre für Frauen der sog. Upper Class und entwickelte sich spätestens mit dem Einstieg des Medienkonzerns Condé Nast im Jahre 1909 zu einer weltweiten Erfolgsgeschichte.

Im Buch werden neben der amerikanischen Ausgabe auch die britische (erscheint seit 1916) und die französische Ausgabe (seit 1922) behandelt. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf den jeweiligen Chefredakteurinnen (ein paar wenige männliche Chefredakteure gab es auch), die das Erscheinungsbild der Zeitschrift maßgeblich geprägt haben – vor allem der Name Anna Wintour, Chefredakteurin der US-Ausgabe von 1988 bis heute, ist auch vielen Modemuffeln spätestens seit dem Roman und Kinofilm „Der Teufel trägt Prada“ ein Begriff.

Die Geschichte der Vogue ist aber nicht nur die Geschichte einer Modezeitschrift, sondern zugleich ein Spiegel unserer Gesellschaft im Wandel der Zeit, denn natürlich hat das Magazin stets Trends aufgegriffen oder selbst gesetzt, musste sich dabei aber auch vielen Widrigkeiten stellen. Was war das damals noch für ein Skandal, als das erste dunkelhäutige Model auf dem Cover erschien! Herausgeber und Redaktionen mussten sich davor und auch noch danach sehr oft den Vorwurf des Rassismus gefallen lassen, andererseits widmete z.B. die französische Vogue unter Chefredakteurin Colombe Pringle in den 1990er Jahren dem ersten Schwarzen Präsident Südafrikas, Nelson Mandela, einen ausführlichen, sehr aufrüttelnden Bericht – sie wurde allerdings kurz darauf gefeuert, weil die Leserschaft ihres Magazins nicht mehr zu den Werbekunden und deren Ansprüchen passte. Denn letztlich sind es doch die Werbekunden, die bestimmen, was in der Vogue gezeigt wird. WIE es allerdings gezeigt wird, da bewiesen die verschiedenen Chefredakteurinnen im Laufe der Jahrzehnte sehr unterschiedliche Ansätze.

Für dieses Sachbuch hat die Autorin akribisch recherchiert, unzählige Quellen studiert und mit vielen ehemaligen Mitarbeiter*innen gesprochen, wovon manche mit verklärtem Blick auf ihre Zeit bei der Vogue zurückblicken, viele andere aber auch im Groll, denn nicht immer gingen die Herausgeber gut mit ihren Angestellten um. Dennoch macht es sich bis heute gut im Lebenslauf von Journalist*innen, Stylis*innen und Designer*innen, wenn sie ein Engagement bei der Vogue vorweisen können. Das Buch behandelt kritisch nicht nur den Umgang mit Mitarbeitern, sondern auch die Ausbeutung der Models, Frauenrechte allgemein, die Vetternwirtschaft bei der Vogue und viele andere ernste Themen.

Dennoch: Die Vogue überstand zwei Weltkriege, etliche Wirtschaftskrisen, den Kalten Krieg, die Erfindung des Internets und behauptet sich bis heute tapfer gegen die zahlreichen Blogger und Influencer, die einen fachlich qualifizierten Modejournalismus inzwischen scheinbar überflüssig machen. Viele andere Modemagazine mussten mittlerweile aufgeben oder zumindest ihre Printausgaben einstellen, nicht so die Vogue. Am Ende des Buches wagt die Autorin einen vorsichtigen Ausblick in die Zukunft der Zeitschrift.

Gerade bezogen auf den historischen Kontext ist das Buch wirklich interessant zu lesen. Da es aber ein Sachbuch ist und kein Roman, hält sich die Spannung und Dramatik naturgemäß in Grenzen, die Autorin bemüht sich stets um eine sachliche, ausgewogene Berichterstattung. Das macht es manchmal leider etwas langatmig. Etwas schade fand ich auch, dass es im Buch keine Farbfotos, sondern nur Schwarzweißbilder gibt und auch das nur in sehr überschaubarer Anzahl. Schließlich wird hier von einem Hochglanzmagazin erzählt (der englische Originaltitel lautet „Glossy“) und viele seiner kontroversen Cover werden im Text ausführlich erwähnt, da hätte ich mir schon gewünscht, diese Cover dann auch im Buch und in Farbe zu sehen.

Insgesamt kein Buch, das man gar nicht mehr weglegen möchte, aber dennoch eine sehr lehrreiche Lektüre und bei Weitem nicht nur für Modefans interessant.

[Werbung, unbezahlt]