Glasgow Girls

Erstellt am 25.1.23. Kategorie: Buchrezensionen
„Glasgow Girls“
von Susanne Goga
Bewertung
★★★★☆
Verlag Diana
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen Dezember 2022
Seiten 381
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Von Susanne Goga habe ich bisher die beiden in London angesiedelten historischen Romane „Das Haus in der Nebelgasse“ und „Das Geheimnis der Themse“ gelesen, die ich beide sehr spannend fand. In „Glasgow Girls“ entführt die Autorin ihre Leser*innen, wie der Buchtitel schon sagt, ins schottische Glasgow. Hier lebt Olivia in ärmlichen Verhältnissen. Wenn sie neben Schule und Hausarbeit noch Zeit findet, ist das Zeichnen ihre liebste Beschäftigung, bei der sie Trost und Ablenkung findet. Von einem Studium an der Glasgow School of Arts wagt sie nicht einmal zu träumen, ist diese Schule doch sehr teuer und wird somit vor allem von Söhnen und Töchtern aus wohlhabenden Familien besucht.

Mit 14 Jahren soll Olivia nach dem Willen ihrer Mutter in einer Fabrik arbeiten, doch dagegen wehrt sie sich erfolgreich und findet stattdessen eine Anstellung in einem Tea Room, einem Teesalon der stadtbekannten Miss Cranston. Schon bald entdeckt Miss Cranston ihre künstlerische Begabung und beschließt, das junge Mädchen zu fördern. Fortan besucht Olivia neben ihrer Arbeit die School of Arts, was natürlich eine Doppelbelastung bedeutet, Olivia aber auch ganz neue Perspektiven eröffnet. Sie lernt dort nicht nur künstlerische Grundlagen und bekommt neue Inspiration, sondern sie ist erstmals unter Gleichgesinnten und findet sogar neue Freundinnen, gänzlich ungeachtet aller sozialen Unterschiede.

Als der strenge Lehrer Mr. Robinson ihr einen Auftrag vermittelt, ist sie stolz und glücklich, denn neben der künstlerischen Anerkennung verspricht der Auftrag auch ein gutes Honorar. Und es folgt bald ein weiterer Auftrag, den Olivia gerne annimmt – nicht ahnend, dass sie damit ausgerechnet ihrer Gönnerin Miss Cranston großen Schaden zufügt. Und als wäre das nicht schon genug Grund zur Sorge, ist Olivia auch noch hin- und her gerissen zwischen ihrer Liebe zum Londoner Künstler Gabriel und ihrem alten Jugendfreund Allie, der nach einem Schicksalsschlag dringend ihre Hilfe braucht.

Ich muss gestehen, von der Glasgow School of Arts hatte ich zuvor noch nie gehört, ebenso wenig wie von den Künstlern, die diese Kunstakademie hervorgebracht hat und die zum Teil auch im Roman vorkommen (eine Liste der im Buch erwähnten realen Personen findet sich im Buchanhang). Dabei ist es sehr bemerkenswert, dass zu dieser Zeit – der Roman spielt zwischen 1892 und 1898 – Männer und Frauen dort gemeinsam in denselben Klassen lehrten und lernten. Was für ein Unterschied zu München, wo Frauen mit künstlerischen Ambitionen noch als „Malweiber“ abgetan wurden (nachzulesen u.a. in „Die Frau des Blauen Reiter“ von Heidi Rehn)! Insofern habe ich bei der Lektüre dieses Romans wieder einmal viel Neues gelernt.

Olivia als Hauptfigur empfand ich als sehr beharrlich, ja fast schon stur bei der Verfolgung ihrer Ziele und ich habe vor allem gegen Ende des Buches sehr mit ihr mitgebangt, dennoch blieb sie mir zuweilen etwas fremd, ich kann gar nicht genau sagen, warum. Vielleicht lag es daran, dass mir ihr Schicksal von ein paar glücklichen Zufällen zu viel geprägt schien, das kam mir dann doch manchmal etwas unrealistisch vor. Ich weiß, dass Klassenunterschiede in Großbritannien bis heute leider eine große Rolle spielen, um wieviel mehr muss das dann Ende des 19. Jahrhunderts so gewesen sein? Und da findet sich ein unbedarftes Mädchen aus der Arbeiterklasse in Nullkommanichts an der Kunstakademie zwischen lauter Sprößlingen aus reichem Hause zurecht? Schön wär’s!

Auch die Liebesgeschichte zwischen ihr und Gabriel ist ein wenig unglaubwürdig, warum, kann ich allerdings nicht näher ausführen, ohne zu spoilern. Sehr schön fand ich allerdings die Schilderungen, wenn Olivia einer künstlerischen Inspiration folgte und dann mit Feuereifer verschiedene Motive zeichnete oder stickte. Ich selbst habe leider gar kein Talent zum Malen, trotzdem fand ich diese Schilderungen so inspirierend, dass ich beinahe selber Lust bekommen hätte, mit einem Skizzenbuch loszuziehen (bei mir wird es dann wohl eher die Fotokamera).

Alles in allem eine sehr interessante und unterhaltsame Lektüre, bei der ich viel Neues gelernt habe. Eine Leseprobe zum Roman findet sich auf der Verlagsseite.

[Werbung, unbezahlt] [Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]