Dallmayr – Das Erbe einer Dynastie

Erstellt am 6.12.23. Kategorie: Buchrezensionen
„Dallmayr - Das Erbe einer Dynastie“
von Lisa Graf
Bewertung
★★★★★
Verlag Penguin
Buchform kartoniert, eBook
Erschienen November 2023
Seiten 494
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Auf dieses Buch habe ich schon mit Spannung gewartet, seit ich die ersten beiden Teile der Dallmayr-Saga, „Der Traum vom schönen Leben“ und „Der Glanz einer neuen Ära“, verschlungen habe. Teil 1 spielte in den Jahren 1897 bis 1899, Teil 2 zwischen 1905 und 1920. Im dritten und letzten Teil der Saga geht es nun um die Jahre 1933 bis 1945. Es gibt also einen recht großen Zeitsprung und so musste ich mich zu Beginn der Lektüre erstmal daran gewöhnen, dass aus den Kindern der Familie Randlkofer aus Band 2 inzwischen Erwachsene geworden sind und vor allem, dass die Matriarchin Therese Randlkofer nicht mehr lebt. Inzwischen führt ihr jüngster Sohn Paul mit seiner Frau Lotte die Geschäfte im Dallmayr-Feinkostgeschäft, während sein älterer Bruder Hermann mit seiner Familie den Goldach-Hof bei Ismaning bewirtschaftet, den seine Mutter einst gekauft hat, um den Laden stets mit frischem Obst und Gemüse aus eigenem Anbau beliefern zu können. Tochter Elsa hingegen führt ein ganz anderes Leben: Sie ist ihrer großen Liebe nach Palästina gefolgt und lebt dort in einem Kibbuz.

So weit die Ausgangssituation in Band 3. Die Geschichte beginnt damit, dass Paul und Lotte nach Bremen reisen, denn sie haben das große Ziel, im Dallmayr künftig selbst gerösteten Kaffee anzubieten. Dazu werben sie in Bremen den jungen engagierten Röstmeister Fiete Wünsche ab und holen ihn nach München, wo er fortan mit verschiedenen Kaffeebohnen und Röstungen experimentiert – der Beginn dessen, was heute eine ganz eigene Unternehmenssparte ist.

Doch auch die Familie Randlkofer und ihr Geschäft können die Augen nicht vor den neuen Zeiten verschließen: Es ist das Jahr von Hitlers Machtergreifung, am Münchner Marienplatz wehen plötzlich Hakenkreuzfahnen und Gregor, Pauls Sohn, wird von einem Schulfreund bedrängt, sich doch endlich wie er der Hitlerjugend anzuschließen. Während Paul nach seinen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg ein überzeugter Pazifist ist, ist sein Sohn Gregor mit seinen 17 Jahren noch nicht so gefestigt. Das ändert sich erst, als er sich in Selma, eine Halbjüdin, verliebt und dadurch hautnah miterlebt, wie sehr Menschen jüdischer Abstammung unter den neuen Machthabern drangsaliert werden.

Und je weiter die Zeit fortschreitet, umso schwieriger werden die Bedingungen: Gregor wird zum Arbeitsdienst zwangsverpflichtet, die Nazis führen Bezugsscheine für Lebensmittel ein, was nicht nur die Käufer, sondern auch die Einzelhändler in arge Bedrängnis bringt. Plötzlich soll Paul für alle von ihm angebotenen landwirtschaftlichen Produkte einen Herkunftsnachweis erbringen, rückwirkend für die letzten fünf Jahre – wie soll das gehen, bei einem Feinkostgeschäft, das seine Waren aus der ganzen Welt bezieht? Tochter Elsa engagiert sich inzwischen heimlich in der Flüchtlingshilfe und hilft mit, jüdische Emigranten aus Deutschland herauszuschmuggeln und nach Palästina zu bringen, wo der Wunsch nach einem eigenen jüdischen Staat Israel immer lauter wird.

Beim Lesen wuchs meine Beklemmung von Seite zu Seite. Allzu vieles in den Schilderungen der damaligen Zeit erschien mir erschreckend aktuell, es gibt so viele Parallelen zu heute, dass mir beim Lesen oftmals angst und bange wurde. Auch die Beschreibungen des Kibbuz in Palästina lasen sich angesichts der schrecklichen Ereignisse im heutigen Israel besonders bedrückend.

Dennoch – oder vielleicht auch gerade deshalb – war die Lektüre hochspannend und hat mich regelrecht gepackt. Ich habe mit den Familienmitgliedern mitgebangt und mitgelitten, ich konnte Lottes Schmerz nachfühlen, als Gregor und Fiete zum Militär eingezogen wurden und mit als Erste an die Front mussten. Neben der Geschichte der Familie Randlkofer kommen im Buch auch viele andere bedeutende Personen der damaligen Zeit vor, wie etwa Liesl Karlstadt und der Priester und Widerstandskämpfer Pater Rupert Mayer. Sehr anschaulich wird auch von der Grundsteinlegung für das Museum „Haus der Kunst“ erzählt, das unter Hitler noch „Haus der Deutschen Kunst“ hieß. Ich war erst kürzlich dort und wie immer sehr demütig und dankbar, dass das Haus heute genau die Kunst zeigen kann, die unter Hitler noch als „entartet“ gegolten hätte.

Der Roman erzählt somit ein wichtiges Stück Zeitgeschichte aus meiner Heimat und hat mich schon allein deshalb gefesselt. Darüber hinaus ist mir die Familie Randlkofer, so wie sie in der Trilogie geschildert wird, richtig ans Herz gewachsen und es ist mir schwer gefallen, mich am Ende von all den lieb gewonnenen Figuren zu verabschieden, denn die Saga ist nun unwiderruflich zu Ende. Es wird keinen vierten Teil geben, betonte die Autorin kürzlich bei einer Lesung, die ich besucht habe. Von dieser Lesung berichte ich Euch demnächst in einem separaten Beitrag.

Jetzt erstmal mein Fazit zu diesem Buch: Unbedingt lesen! Es sollte Pflichtlektüre sein für alle, die auch nur annähernd Sympathie für AfD und ähnlichen Abschaum hegen, damit sie lesen, was ihnen in naher Zukunft blühen könnte. Für alle anderen Leser*innen gilt: Gelungener Abschluss einer Saga, die man aber unbedingt in chronologischer Reihenfolge lesen sollte. Und wie schon bei den ersten beiden Teilen auch hier mein Tipp: Perfektes Weihnachtsgeschenk, idealerweise mit einer Packung Dallmayr-Kaffee oder -Pralinen.

[Werbung, unbezahlt] [Als Werbung gekennzeichnet, da Rezensionsexemplar erhalten]