Die Liebe tanzt barfuß am Strand

Erstellt am 25.3.22. Kategorie: Buchrezensionen
„Die Liebe tanzt barfuß am Strand“
von Gabriella Engelmann
Bewertung
★★★★☆
Verlag Droemer Knaur
Buchform Taschenbuch, eBook
Erschienen März 2022
Seiten 320
Erhältlich beiAP Buch Baldham, Buchladen Vaterstetten

In so unruhigen, traurigen Zeiten wie diesen habe ich oft nur noch einen einzigen Wunsch: Ein gutes Buch, mit dem ich mich in eine andere, bessere Welt hinein versetzen kann, an einen schöneren, friedlicheren Ort. Genau so ein Ort ist das fiktive Lütteby an der Nordsee, der Handlungsort der neuen Roman-Trilogie von Gabriella Engelmann. Ich hatte schon vor der Veröffentlichung viel von dem Buch gehört bzw. gelesen und deshalb war mir klar: Diese Lektüre ist in meiner momentanen Stimmung genau das, was ich brauche.

Und wie es der Zufall will: Genau an dem Tag, als ich in unseren Buchladen gehen und mir das Buch kaufen wollte, erreichte mich ein Überraschungspaket des Droemer-Knaur-Verlages, das neben dem Roman auch noch eine tolle Strandtasche und ein Set wunderschöner Postkarten enthielt. Vor allem die Karte mit dem Spruch

„Zwischen den Sternen funkelt der Hoffnungsschimmer, der sagt, dass letztlich alles gut wird“

hat mich tief berührt. Deshalb an dieser Stelle und auf diesem Wege nochmals ein großes Dankeschön an den Verlag für die Aufmunterung genau zur richtigen Zeit!

Doch nun zum Roman selbst: Dieser spielt wie gesagt in der beschaulichen Kleinstadt Lütteby nahe der Nordsee. Mittelpunkt und Herz des Ortes ist der hübsche Marktplatz mit den bunten Giebelhäusern, dort befinden sich unter anderem ein Café, ein Lokal, ein Modestübchen, ein Blumenladen, eine Apotheke und ein Lädchen mit Krimskrams, Geschenken und Tee. Dieses Lädchen gehört Henrikje, der Oma von Lina. Lina ist bei ihrer Oma aufgewachsen, nachdem ihre Mutter wenige Wochen nach Linas Geburt spurlos verschwunden ist, was Lina bis heute nicht verwunden hat – ebenso wenig wie die Trennung von Olaf kurz vor der Hochzeit. Diese Trennung liegt nun sechs Jahre zurück und seitdem ist Lina, inzwischen Mitte 30, zurück in Lütteby, wo sie in der Touristeninformation arbeitet.

Doch dann hat Linas Chef einen Unfall und als Stellvertreter taucht Jonas Carstensen auf, ein arroganter Schnösel, der zuvor als Tourismus-Dozent in der Schweiz tätig war. Daran, dass in Lütteby die Uhren langsamer gehen und die Dorfbewohner zwar gerne Gäste haben, dem Tourismus und dem damit verbundenen Profit aber nicht alles unterordnen wollen, muss er sich erst noch gewöhnen. Deshalb geraten er und Lina auch ein paarmal aneinander und niemals würde Lina vor sich selbst zugeben, dass ihr neuer Chef ihr Herzklopfen verursacht und Gefühle in ihr weckt, die bisher Olaf vorbehalten waren.

Apropos Olaf: Der taucht urplötzlich wieder in Lütteby auf und sorgt bei Lina für weiteres Gefühlschaos. Und dann ist da auch noch Sinje, die Pastorin des Ortes und Linas beste Freundin. Sinje steht kurz vor ihrer Hochzeit mit Gunnar und ihre Nerven liegen blank, wofür nicht zuletzt ihre Schwiegermutter in spe verantwortlich ist. Zudem gibt es zwischen Sinje und Gunnar Streit um das künftige Zuhause: Sinje träumt davon, die alte „Spukvilla“ zu renovieren, dort ihr Pastorat einzurichten und aus einem Teil des zum Grundstück gehörenden Waldes einen Friedwald zu machen. Gunnar hingegen möchte lieber einen schicken Neubau im Nachbarort Grotersum. Dabei herrscht von jeher eine gewisse Feindschaft zwischen den Bewohnern Grotersums und Lüttebys.

Übrigens hat noch jemand ein Auge auf die Villa geworfen: Falk, der Bürgermeister des Ortes, zugleich ein vermögender Immobilienspekulant. Wenn es nach ihm ginge, würde ihm bald jedes Haus in Lütteby gehören und von ähnlich seelenlosen Geschäften bezogen werden wie in Grotersum: Spielhallen, Döner-Buden und Tattoostudios (kleine Anmerkung: sowas nennt man übrigens down-grading, wie ich einmal in einer Bauausschusssitzung gelernt habe). So gibt es also allerhand Turbulenzen, denen Lina und Sinje ausgesetzt sind, bis… Stopp!

Ja, das ist die große Überraschung am Ende des Buches: Es gibt kein Happy End und eigentlich überhaupt kein Ende, sondern nur jede Menge Handlungsstränge, die offen bleiben und bestenfalls in Band 2, vermutlich aber erst in Band 3 zum Abschluss kommen. Und das war es, was mich nach der Lektüre verblüfft und auch ein wenig unbefriedigt zurückließ. Zwar wusste ich, dass es sich bei diesem Buch um den Auftakt einer Trilogie handelt. Jedoch hatte ich erwartet, dass dennoch jeder der drei Romane eine in sich abgeschlossene Geschichte erzählt, vielleicht in der Form, dass in jedem der drei Bücher eine andere Figur im Mittelpunkt steht. Oder – ähnlich wie in Gabriella Engelmanns Büchernest- oder Villa-Serie – dass die Entwicklung der Figuren über einen längeren Zeitpunkt erzählt wird: In der Büchernest-Serie wird z.B. das Schicksal mehrerer Frauen über etliche Jahre erzählt, Dreh- und Angelpunkt ist dabei ein Buchladen auf Sylt. In der Villa-Serie geht es um drei Frauen, die in einer Hamburger Villa eine Wohngemeinschaft bilden und dort allerhand Abenteuer erleben.

Bei der Lütteby-Reihe ist das aber nun vollkommen anders. Angesicht der massiven Cliffhanger bei sämtlichen Handlungssträngen kann man die Lektüre am ehesten mit einer TV-Serie vergleichen, bei der jede Folge mit einem offenen Ende aufhört, so dass man schon der nächsten Folge entgegenfiebert. Das muss einem bewusst sein, wenn man diesen Roman anfängt. Immerhin wird die Geduld nicht allzu lange auf die Probe gestellt: „Das Glück kommt in Wellen“ erscheint Anfang Mai, „Das Wunder küsst uns bei Nacht“ folgt im September.

So gesehen war ich also nach der Lektüre erstmal enttäuscht. Andererseits: Ich wollte einen Feelgood-Roman und den habe ich definitiv bekommen. In meinen schlaflosen Nächten, zwischen der Trauer um meinen Vater und meine Freundin, der Sorge um meine Mutter und der Angst vor dem Krieg und seinen Auswirkungen, habe ich mir den Ort Lütteby vorgestellt, was mir dank der sehr anschaulichen Beschreibungen auch sehr gut gelungen ist. Der perfekte Ort, um sich von all den Gräueln der Welt abzulenken! Besonders gut hat mir übrigens gefallen, wie liebevoll die Autorin die Traditionen des Ortes beschreibt wie z.B. den Trachtentanzwettbewerb und wie selbstverständlich auch das Thema Glauben und Seelsorge in die Geschichte integriert ist, dank der sehr sympathischen Pastorin Sinje. Und natürlich durften auch die obligatorischen Klatschbasen, die es wohl in jedem kleinen Ort gibt, nicht fehlen. So habe ich mich von der ersten Seite an rundum wohlgefühlt in Lütteby und freue mich jetzt schon auf ein Wiedersehen im Mai mit Band 2.